In wenigen Strichen die Wahrheit zeigen
DÜSSELDORF Spiel, Satz und Sieg für den deutschen Humor.Wirklich? Die Deutschen sind nicht gerade für Satire, Ironie und feine Anspielungen bekannt. Zu Unrecht.
Die vielen Gäste, die am Sonntag ins Düsseldorfer Schauspielhaus zur Verleihung des 23. Deutschen Karikaturenpreises kamen, konnten sich ein eigenes Bild über die Top-Kräfte des gezeichnetenWitzes machen: „Karikaturisten müssen die Wahrheit zeichnen“, meint die RP-Moderatorin Helene Pawlitzki. Damit die brutale Wahrheit erträglich wird, tun sie das mit „Schärfe, Witz und Humor“. Laudator Florian Schroeder, der mit kabarettistischer Wortakrobatik die gelungensten Karikaturen präsentierte, meinte selbstkritisch, dass er sich zwar für genial halte, es aber anders als die Zeichner „einfach nicht über die Rampe bringt“.
Die Prägnanz der Gewinnerkarikaturen waren das Highlight der Veranstaltung im Schauspielhaus, die vom gut aufgelegten Schattentheater Mobilés und dem Damen-Streichquartett Manon & Co. stimmungsvoll ergänzt wurde. Als beste Zeichnung belohnte die elfköpfige Jury ein Kriegsbild mit dem Geflügelten Bleistift in Gold: Zwei Soldaten liegen sich darin im Schützengraben gegenüber – und erinnern sich an einen Schüleraustausch aus friedlicheren Zeiten, als
Der renommierte Deutsche Karikaturenpreis wurde
am Wochenende erstmals in Düsseldorf verliehen. Die Preisträger bestachen durch prägnante Zeichnungen und bissigen Humor. Der alltägliche Wahnsinn wird so erträglicher.
Russland die Ukraine noch als ihren Bruderstaat verstand. Dem bösen Kontrast des Zeichners Gymmick alias Tobias Hacker aus Nürnberg wollte der Kabarettist Schroeder keine eigene Humoreske hinzufügen – der Karikaturist war damit völlig einverstanden.
Mehr Alltag, wenn auch ebenfalls durch die Brille des bissigen Kommentators, zeichnete der Zweitplatzierte, der aus Brandenburg kommende Dominik Joswig. Als Mobilé hängen über einem Baby alle Symbole eines künftigen „Global Players“(Schroeder). Die Eltern würden wohl eher an sich denken als an die Bedürfnisse des Nachwuchses. „Spätestens in der Pubertät gibt´s dann eins auf die Fresse.“Joswig erhielt dafür den Geflügelten Bleistift in Silber.
Als Echokammer der wütenden Nachbarin, die mit ihrem Besen die Decke traktiert, zeichnete der Hamburger Huse alias Björn Ciesinkski die obere Wohnung so, dass die Schläge dort durch Mikro und riesige Boxen verstärkt werden. Den Newcomer-Preisträger stellte die Karikaturistin Dorthe Landschulz vor. Die Auszeichnung ging an den Österreicher („Ösi-Bösi“) Madig & Vulgaire, der mit bürgerlichem Namen Andreas Rohrböck heißt und in St. Pölten im Alpenvorland lebt. Die grenzenlose Absorption anderer Kinder wird dem kleinen Protagonisten der Zeichnung verziehen. „Wir akzeptieren seine Entscheidung“, meint die Lehrerin, auch wenn die anderen im Brei untergehen.
Der Karikaturenpreis ist das Gemeinschaftswerk der drei Medienhäuser Sächsische Zeitung (Dresden), Weser-Kurier (Bremen) und der Düsseldorfer Rheinischen Post. Eine Ehrung, die die einladende Rheinische Post Mediengruppe durch die Präsenz der beiden RP-Herausgeber Florian Merz-Betz und Martin Ebel sowie von Chefredakteur Moritz Döbler unterstrich. Den Weser-Kurier vertratVorstand David Koopmann, die Sächsische Zeitung Geschäftsführer Carsten Dietmann.
Den Katalog zum Karikaturenpreis 2022 im DIN-A4-Format mit 154 Abbildungen auf 144 Seiten gibt es zum Preis von 19,90 Euro zzgl. Versandkosten unter www.rp-shop.de/bildband oder telefonisch unter 0211 505-2255.