Schmiede schaffen neuen Hammerstock für Sensenhammer
SCHLEBUSCH (brü) Schneeweißer Rauch stieg aus dem bulligen Baumstamm in die Nacht. Starke Männer schlugen mit ihren Vorschlaghämmern auf einen Eisenring, der in mühsamer Arbeit über das Holz gezogen werden sollte. Das Schmiedefeuer erhellte die Dunkelheit: Am Freitagabend wurde im Rahmen der Nacht des Schmiedefeuers ein neuer Hammerstock für das Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer geschaffen.
Dank des Hammerstocks, der bald rund zweieinhalb Meter tief im Inneren des Museums eingesetzt wird, werden die Schläge auf den teilweise ins Holz eingelassenen Amboss bei der Sensenherstellung abgefedert und abgeleitet. Diese Technik verlängert maßgeblich die Lebenszeit der Maschinen. Besonders geeignet ist hierfür Eichenholz, da es
ein sehr stabiles Hartholz ist. Doch auch dieses Material hält nicht ewig, weiß Museumsleiter Jürgen Bandsom, und er berichtete: „Die Hammerstöcke müssen alle zehn bis 15 Jahre ausgetauscht werden. Das machen wir nicht täglich, man braucht eine Menge Übung und Erfahrung dafür.“
Diese Erfahrung besitzt Schmied Erik Geiß zur Genüge. Der 57-Jährige lernte einst noch den alten Beruf. Er half maßgeblich dabei, den Ring aus Eisen nach einigen Stunden und vor vielen neugierigen Zuschauern auf den Stamm zu klopfen. Allein der Ring, erzählte er, sei rund 40 Kilogramm schwer und gut 500 Grad heiß. Sowohl Baumstamm als auch Ring hatten etwa 2,5 Meter Durchmesser. „Das Eisen dehnt sich pro 100 Grad einen Millimeter aus – und fünf Millimeter Toleranz ist nicht viel.“So war es ein Kraftakt, das heiße Metall zu bewegen.
Hinzu kommt, dass die Ringe wiederverwendet werden. Wenn das Holz durch die Feuchtigkeit im Boden nach einigen Jahren morsch geworden ist, wird nur der Hammerstock ausgetauscht. Doch durch all die Schläge auf das Holz, dessen
Struktur der Eisenring im erkalteten Zustand zusammendrückt und -hält, ist der Ring kein perfekter Kreis mehr – er hat Dellen und Beulen. Demnach bewegt sich das Eisen im Optimalfall laut Geiß pro Schlag nur rund einen Millimeter weiter auf den von seiner Rinde befreiten Eichenstamm. Die Schläge müssen dabei genau abgesprochen sein. Die Kommandos der Männer hallten entlang der Backsteinwände. Die erfahrenen Schmiede müssen die Temperatur des Metalls zudem genau einschätzen – zu wenig: keine Bewegung; zu viel: das Holz unter dem heißen Eisen verwandelt sich in Holzkohle.
Aufgrund der schweißtreibenden Arbeit schafften Geiß und seine Jungs am Freitag nur einen Hammerstock. Bald soll aber ein zweiter folgen. Beide werden dann mit Muskel- und Motorenkraft in die große Museumshalle gebracht, wo sie unter einem Reckhammer angebracht werden. „Das ist auch noch mal eine riesen Aktion“, kündigte Leiter Bandsom an, „der Hammerstock muss perfekt ausgerichtet sein.“Wann genau es soweit ist, konnte er noch nicht sagen.