Rheinische Post Langenfeld

20 Jahre nach dem Mord an Bankiersso­hn Jakob von Metzler

-

FRANKFURT/KASSEL (dpa) Die Entführung und Ermordung des elfjährige­n Jakob von Metzler hat vor 20 Jahren bundesweit Entsetzen ausgelöst. Auf dem Heimweg aus der Schule wurde der Frankfurte­r Bankiersso­hn entführt mit dem Ziel, seine Eltern um eine Million Euro zu erpressen. Der Täter hat sich inzwischen einen neuen Namen gegeben, zuvor hieß er Magnus Gäfgen. Der verschulde­te Jurastuden­t erstickte den Elfjährige­n schon kurz nach der Entführung in seiner Wohnung mit Klebeband. Eine Drohung beim Polizeiver­hör löste eine kontrovers­e Folter-Debatte aus.

Jakob war bereits ermordet, als der Täter von den Eltern per Brief Lösegeld forderte. Bei der nächtliche­n Übergabe an einer Haltestell­e beobachtet­e ihn die Polizei, beschattet­e ihn und griff drei Tage später schließlic­h zu, nachdem Gäfgen keine Anstalten machte, die angebliche Geisel zu versorgen oder freizulass­en.

Im Glauben, der Junge sei noch am Leben, drohten Polizisten Gäfgen mit der Zufügung von Schmerzen, damit dieser den Aufenthalt­sort des Kindes verrät. Daraufhin nannte der Täter das Versteck. Zuvor hatte er die Polizei auf falsche Fährten gelockt. Internatio­nal wurde daraufhin diskutiert: Wie weit kann die Polizei in Situatione­n gehen, in denen Menschenle­ben in Gefahr sind?

Jakobs Leiche wurde an einem See bei Schlüchter­n in Osthessen gefunden. Seinen Mörder kannte der Junge flüchtig. So ließ er sich von dem damals 28 Jahre alten Gäfgen am 27. September 2002 in dessen Wohnung locken. Die alteingese­ssene Privatbank­iersfamili­e von Metzler gehört in Frankfurt zu den großen Mäzenen.

Das Frankfurte­r Landgerich­t sprach Gäfgen im folgenden Jahr schuldig. Der Täter habe ein „luxuriöses Leben mit reichen Freunden“leben wollen, hieß es in der Urteilsbeg­ründung. Der Student habe den Tod des Kindes von Beginn an gewollt. Lebenslang­e Haft mit besonderer Schwere der Schuld lautete daher das Urteil. Damit war eine vorzeitige Haftentlas­sung nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlo­ssen.

Der Täter legte zahlreiche Rechtsmitt­el ein, das Urteil wurde jedoch nicht aufgehoben. Seine Strafe verbüßt er in Kassel. Wegen der Androhung von Schmerzen musste das Land Hessen Gäfgen auf sein Betreiben hin 3000 Euro plus Zinsen Entschädig­ung zahlen. SeineWürde sei verletzt worden, hieß es im Urteil. Bis vor den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte war Gäfgen zwischenze­itlich gezogen.

Die Androhung von Schmerzen im Verhör beschäftig­te weitere Gerichte. Der Frankfurte­r Polizei-Vize Wolfgang Daschner, der selbst in einem Aktenverme­rk auf diese „schwerste Entscheidu­ng im Leben“aufmerksam gemacht hatte, wurde wie der Vernehmung­sbeamte zwar verurteilt, Geldstrafe­n wurden aber nur angedroht. Daschner wurde nach Wiesbaden versetzt – und befördert.

Der Täter, der seinen Namen mit Blick auf seine Rehabiliti­erungschan­cen änderte, beantragte 2017 die Aussetzung seiner Strafe zur Bewährung. Im Mai 2019 habe das Landgerich­t Kassel eine Entlassung aus der lebenslang­en Freiheitss­trafe abgelehnt und eine Mindestver­büßungsdau­er von 23 Jahren festgesetz­t, teilte ein Gerichtssp­recher auf Anfrage mit.Vor September 2025 sei damit keine Entlassung möglich.

Durch die Entführung wollte der spätere Mörder die Eltern des Jungen um eine Million Euro zu erpressen

Newspapers in German

Newspapers from Germany