Berlin bestellt iranischen Botschafter ein
BERLIN/BRÜSSEL/TEHERAN (dpa/ rtr) Wegen des Vorgehens gegen die Frauen-Proteste hat die Bundesregierung den iranischen Botschafter einbestellt. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts kündigte am Montag in Berlin an, das Gespräch werde am Nachmittag stattfinden. Mit Blick auf Forderungen nach Sanktionen der Europäischen Union gegen den Iran sagte der Sprecher, die Bundesregierung sei dafür, „alle Optionen“zu prüfen.
In der Islamischen Republik halten die Proteste nach dem Tod einer jungen Frau an. Die 22-jährige Mahsa Amini war vor etwas mehr als einer Woche in Teheran von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie gegen die strenge islamische Kleiderordnung verstoßen und ihr Kopftuch nicht angemessen getragen haben soll. Wenig später war sie tot. Kurz darauf kam es landesweit zu zahlreichen wütenden Protesten, die sich auch allgemein gegen eine Einschränkung persönlicher Freiheitsrechte im Iran richteten. Dabei kamen Berichten zufolge mindestens 41 Menschen ums Leben.
Die Europäische Union hatte bereits am Sonntag die gewaltsame Niederschlagung regimekritischer Demonstrationen im Iran verurteilt. „Für die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten ist der weit verbreitete und unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt gegen gewaltlose Demonstranten nicht zu rechtfertigen und nicht hinnehmbar“, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedstaaten. Zugleich drohte die EU vage mit möglichen Sanktionen gegen den Iran.
Die iranische Justizbehörde plant Sondergerichte für Demonstrantinnen und Demonstranten, die bei den landesweiten Protesten festgenommen worden sind. Das gab Teherans Justizchef, Ali Alghassimehr, am Montag bekannt. Auf „Anführer der vom Ausland angeheuerten Unruhestifter“solle keinerlei Rücksicht genommen werden. „Die Justizbeamten sollen mit ihnen genauso wie mit Vergewaltigern und Schwerverbrechern umgehen“, so Alghassimehr laut Nachrichtenagentur Tasnim. Da Regierung und Justiz alle Demonstranten als vom Ausland engagierte Söldner bezeichnet, rechnen Beobachter mit langen Haftstrafen. Zu den Sondergerichten soll auch das Revolutionsgericht gehören, das für Verstöße gegen die nationale Sicherheit zuständig und für seine harten Urteile berüchtigt ist.
Irans Justiz plant Sondergerichte, lange Haftstrafen für Demonstranten werden erwartet