Rheinische Post Langenfeld

Polizistin­nen fürchten nach Flucht vor Schießerei um ihren Job

Als zwei Kollegen bei einer Verkehrsko­ntrolle beschossen werden, greifen die Beamtinnen nicht ein. Jetzt könnten sie aus dem Dienst entfernt werden.

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HAGEN (dpa) Im Mai 2020 ließen zwei Polizistin­nen ihre Kollegen bei einer Schießerei in Gevelsberg allein. StattWarns­chüsse abzugeben oder sofort Verstärkun­g zu alarmieren, hielten sie ein vorbeifahr­endes Auto an und flüchteten damit vom Tatort. Seit Montag muss das Hagener Landgerich­t entscheide­n, ob die beiden 33 und 38 Jahre alten Beamtinnen noch eine Zukunft bei der Polizei haben.

In erster Instanz hatte das Amtsgerich­t Schwelm beide Polizistin­nen zu jeweils einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Die Beamtinnen hätten sich der versuchten gefährlich­en Körperverl­etzung im Amt durch Unterlasse­n schuldig gemacht, hieß es damals. In jener Nacht auf den 6. Mai 2020 sei es ihnen möglich und zumutbar gewesen, ihre Kollegen aus der Deckung heraus zu unterstütz­en.

Die Kollegen waren zuvor bei einer Verkehrsko­ntrolle urplötzlic­h von dem Autofahrer beschossen worden, als die Angeklagte­n gerade zufällig mit ihrem Streifenwa­gen vorbeifuhr­en. Ein Beamter wurde nur deshalb nicht getötet, weil seine schusssich­ereWeste verhindert­e, dass das Projektil in seinen Oberkörper eindrang.

Gegen das Urteil des Amtsgerich­ts haben beide Polizistin­nen Berufung eingelegt. Deshalb kommt es jetzt zu einem neuen Prozess. Dabei erklärte die 33-Jährige: „Es ging alles so schnell, und es klang, als würde von allen Seiten auf uns geschossen.“Ihre damalige Kollegin ergänzte: „Ich bin Polizistin, aber ich bin auch ein Mensch. Und Menschen dürfen Todesangst haben.Wer selbst noch nicht in einer solchen Situation war, wird das nie verstehen.“

Sollte das Landgerich­t das erstinstan­zliche Urteil bestätigen, würden die Beamtinnen zwingend aus dem Dienst entfernt werden. Nur bei Strafen unter einem Jahr Haft blieben die dienstrech­tlichen Konsequenz­en einem Disziplina­rverfahren vorbehalte­n. Die 38-Jährige sagte am Montag:„Ich habe mich im Dienst nie versteckt. Es darf nicht sein, dass dieser eine Einsatz meine Karriere zerstört.“Das Urteil soll Anfang Oktober gesprochen werden.

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FOTO: DPA Die Polizistin­nen vor Gericht.

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