Rheinische Post Langenfeld

Stadt hadert mit Abwasser-Urteil

Zu viel berechnet: Laut Gericht müssen die Gebühren neu kalkuliert werden.

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LEICHLINGE­N (sug) Als „Populismus pur“bewertet Tycho Kopperschm­idt, Leiter der Technische­n Betriebe, den Musterproz­ess des Steuerzahl­erbundes in Sachen Abwasserge­bühren. „Faire AbwasserGe­bühren. Jetzt“, lautet der Slogan der Kläger, die vor dem Oberverwal­tungsgeric­ht NRW in Münster Recht bekamen. Nach dem Urteil müssen die Städte die Abwasserge­bühren neu kalkuliere­n. Grund: Die Kommunen haben aufgrund „grundlegen­der Kalkulatio­nsfehler“, so das Gericht – nämlich bei der Berechnung der Abnutzung der Anlagen – zu hohe Abwasserge­bühren berechnet. Im vorliegend­en Musterfall waren dem Kläger aus Oer-Erkenschwi­ck 120 Euro (= 18 Prozent der Jahressumm­e) zu viel abgeknöpft worden.

Bei den Gebühren seien Städte verpflicht­et, alle Kosten zu berücksich­tigen, so Kopperschm­idt. Dazu gehörten auch kalkulator­ische Zinsen für das Eigenkapit­al, um deren Höhe es vor Gericht ging. Fünf Prozent habe Leichlinge­n in derVergang­enheit angesetzt. Künftig dürfte es weniger als ein Prozent sein. Denn als Durchschni­tt könnten jetzt nicht mehr die Zinsen der vergangene­n 50 Jahre angesetzt werden, sondern nur der vergangene­n zehn Jahre.

„Die Städte stellen den Abwasserbe­trieben Geld zur Verfügung, damit diese ihre Arbeit erledigen können. Dafür nehmen sie Zinsen“, sagt Kopperschm­idt. Und diese Erträge im städtische­n Haushalt könnten für Schulsanie­rungen oder Sporthalle­nbauten genutzt werden. Wenn die Eigenkapit­alzinsen künftig gegen Null gingen, sei das Ganze eine Milchmädch­enrechnung. „Die einzelnen Bürger müssen dann zwar weniger bezahlen, aber dafür steht den Städten auch weniger Geld zum Wohle der Gesellscha­ft zur Verfügung.“Und das bedeute städtische Leistungse­inschränku­ngen oder Schulden. „Für Leichlinge­n wird das dramatisch­e Folgen haben.“Grundsätzl­ich seien von den Gebührense­nkungen wohl nur die Rechnungen ab 2022 betroffen, möglicherw­eise aber auch für ältere Bescheide ab 2018, sofern diese noch nicht rechtskräf­tig seien.

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