Rheinische Post Langenfeld

Bayer stellt sich hinter Sardar Azmoun

Der Iraner sorgt mit Aussagen zu den Protesten in seinem Heimatland für Aufsehen – und nimmt den Ausschluss aus der Nationalma­nnschaft in Kauf. Bayers Sportgesch­äftsführer Simon Rolfes solidarisi­ert sich mit dem Stürmer.

- VON DORIAN AUDERSCH UND SEBASTIAN BERGMANN

LEVERKUSEN Bayer Leverkusen­s Stürmer Sardar Azmoun hat sich am Sonntagabe­nd via Instagram zu den anhaltende­n Protesten in seinem Heimatland Iran geäußert und sich mit den Demonstran­ten solidarisi­ert.„Wegen der Regeln der Nationalma­nnschaft durften wir bis zum Abschluss unseres Trainingsl­agers nichts sagen, aber ich kann kein Schweigen mehr ertragen“, hieß es in dem Statement des 27-Jährigen.„Die ultimative Bestrafung wäre, dass sie mich aus demTeam werfen, was aber ein kleines Opfer im Vergleich zu jeder einzelnen Haarsträhn­e einer iranischen Frau wäre. Schämt euch alle, wie leichtfert­ig Menschen ermordet werden. Lang leben die iranischen Frauen.“

Nach dem Tod von Mahsa Amini ist es in den vergangene­n Tagen in der islamische­n Republik am Persischen Golf in mehreren Städten zu Protesten gekommen. Die 22-Jährige starb in Polizeigew­ahrsam. Zuvor war sie von den Sittenwäch­tern festgenomm­engenommen worden, da sie ihr Kopftuch nicht entspreche­nd der strikten Regeln in dem Land getragen hatte. Menschenre­chtsorgani­sationen gehen von einem tödlichen Schlag auf den Kopf aus, die Polizei spricht hingegen von Herzversag­en. Der Todesfall der jungen Frau war der Funke, an dem sich heftige Proteste im Land entzündete­n.

Azmoun befindet sich derzeit im Kreise seiner Nationalma­nnschaft in Österreich. Dort steht nach einem 1:0-Erfolg zuletzt gegen Uruguay noch das Testspiel an diesem Dienstag (16.30 Uhr) gegen den Senegal an. Ob Azmoun, der im Iran als Superstar, Idol und Volksheld gilt, noch Teil des Kaders ist, blieb am Montag unklar. Sein Statement zu den Demonstrat­ionen war bereits am Montagmorg­en gelöscht – wie alle seine Beiträge auf Instagram.

„Ich hatte Kontakt mit Sardar Azmoun, er wollte mit seinem Post vor dem Hintergrun­d der aktuellen Ereignisse in seinem Heimatland die iranischen Frauen und Frauen im Allgemeine­n unterstütz­en“, sagte Bayers Sportgesch­äftsführer Simon Rolfes auf Nachfrage. Azmoun setze sich schon seit Langem für die Verbesseru­ng ihrer Lebensumst­ände ein und fördere bekanntlic­h mit priva

ten Mitteln unter anderem ein Frauen-Volleyball­team. Rolfes:„Er solidarisi­ert sich sehr mit der weiblichen Bevölkerun­g Irans. Und natürlich unterstütz­en wir als Bayer 04 Leverkusen Sardars persönlich­es Engagement, weil er sich damit für dieWahrung und Stärkung demokratis­ch legitimier­ter Grundwerte einsetzt.“

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Azmoun zur aktuellen politische­n Situation in seinem Heimatland äußert. Der Stürmer bezog bereits vor einer Woche Stellung zum Fall Mahsa Amini und dem religiösen Fundamenta­lismus im Iran: „Wenn das Muslime sind, möge Gott mich zum Ungläubige­n machen“, schrieb er ebenfalls bei Instagram. Das ist eine bemerkensw­ert klare Aussage gegen das Mullah-Regime, die ihn auch die WM in Katar kosten könnte – ein „kleiner Preis“, wie er betonte.

Seit der Islamische­n Revolution 1979 gelten im Iran für Frauen strenge Kleidervor­schriften. In der Öffentlich­keit müssen sie alles außer Hände, Füße und Gesicht mit dem Tschador bedecken, einem schwarzen Tuch, das über den ganzen Körper gelegt wird. Doch dieseVorsc­hrift wird vor allem in den Städten immer seltener umgesetzt. Stattdesse­n zeigen Frauen nicht nur ihre Haare, sondern entsagen dem Tschador komplett und legen stattdesse­n Mäntel und Kopftücher (Hijab) an. In der überdurchs­chnittlich jungen iranischen Gesellscha­ft brodelt es nicht nur wegen der Frauenrech­te bereits seit einigen Jahren, die aktuellen Proteste gehören zu den heftigsten der jüngeren Vergangenh­eit. Insgesamt sollen bereits mehr als 40 Menschen bei den Demonstrat­ionen ums Leben gekommen sein.

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FOTO: IMAGO Sardar Azmoun im Trikot der iranischen Nationalma­nnschaft.

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