Speed-Dating mit Bewerbern
Als Fortschrittswerkstatt sollte das RP-Forum „Digitaler Talentschuppen“mitten hinein in die Praxis gehen. Deshalb gehörten neben dem inhaltlichen Austausch auch der Kontakt mit der Zielgruppe, also interessanten Bewerbern, und ein SpeedDating zum Programm.
Als sich die Vertreter aus Unternehmen und Organisationen über ihre Ziele für 2027 austauschen, sind einige Zuschauer virtuell dabei. Mit ihnen suchen die Forumsteilnehmer anschließend das Gespräch. Zunächst stellen der Zukunftsforscher Prof. Dr. Thomas Druyen und der Moderator Christopher Peterka den Bezug zum Thema her. „Wie stellt Ihr euch eure berufliche Zukunft in fünf Jahren vor?“, fragt Druyen in Anlehnung an den Zeitrahmen der Forumsdiskussion. „Was wollt Ihr verwirklichen?“„Ich will mein Interesse zum Beruf machen und damit einen guten Mehrwert schaffen“, sagt Marie Sonnenschein.
Anja Führer arbeitet bereits seit mehr als 30 Jahren in verschiedenen Unternehmen. Wichtig ist ihr die „Renaissance klassischer Werte“wie Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und gegenseitiger Respekt. „Wir müssen dahin wieder zurückkehren.“Renni Schmid ist auf der „Suche nach etwas, für das ich brenne“. Sie ist freiberuflich tätig. „Ich könnte mich anstellen lassen. Das muss aber passen.“Wenn ihr keine Wertschätzung entgegengebracht würde, dann würde sie ein Unternehmen verlassen.
Für Marie Sonnenschein ist außerdem Flexibilität ein „großes und wichtiges Thema, aber ein paar Regeln sollte es geben“. So sollte nicht nur im Homeoffice gearbeitet werden. Wichtig sei es, auch in einem Team tätig zu sein, um die Kollegen kennenzulernen. „Es sollte da Mischformen geben.“„Es muss eine Struktur und Linie geben, die alles miteinander verbindet“, ist auch Anja Führer überzeugt.
Druyen fragt die Gäste – ebenso wie zuvor die Forumsteilnehmer –, welche Zukunftsversprechen sie denn geben könnten: „Welchen Mehrwert wollt Ihr als Mitarbeiter in fünf Jahren bieten? Was macht euch attraktiv?“Marie Sonnenschein möchte Unternehmen dabei unterstützen, weiterzukommen und neue Wege zu gehen. Wichtig sei, am Fortschritt beteiligt zu sein. Die Corona-Krise habe gezeigt: Unternehmen müssten flexibel sein, schneller Lösungen finden und sich schneller an neue Bedingungen anpassen.
Britta Salinger (RKW Architektur +) tritt hier in den Dialog ein und betont, dass im Unternehmen alle auf Augenhöhe zusammenarbeiten müssten. „Die Frage lautet: Was können wir gemeinsam bewegen?“Renni Schmid hat hingegen erfahren, dass in großen Unternehmen Mitarbeiter nicht richtig gehört werden. Ideen wandern durch Hierarchien nach oben. Dann gebe es Vorgaben, wie alles abzuarbeiten ist.
Volker Kaufels (Rheinische Post) sieht Bewerber vor der Frage: Wie kann ich ein Unternehmen prüfen? Sein Tipp: Unternehmen müssten klare Projektstrukturen und Arbeitsorganisationen zeigen können, nicht Hierarchien präsentieren. Mit agilen Arbeitsmethoden an der Sache arbeiten – darauf komme es an. Anika Zeimke aus der Gruppe der zugeschalteten Gäste erwartet auch eine Fehlerkultur in Unternehmen. „Wir sind Menschen, dürfen uns eine Fehlerkultur erlauben.“Man lerne aus Fehlern, Lösungen zu erarbeiten, die Fehler künftig verhindern.
Druyen verweist in dem Zusammenhang auf die deutsche Tradition der Perfektion, die im Qualitätssiegel „Made in Germany“ihre Bestätigung fand. „Keine Fehler zu machen, Perfektion, das war jahrzehntelang die Basis für Erfolg.“Das gelte jetzt aber so nicht mehr. Guido Kaiser war über 30 Jahre im Vertrieb tätig, arbeitet jetzt als Freelancer und Berater. Er würde aber auch gerne wieder eine Festanstellung annehmen. Seine Beobachtung: „In Unternehmen ist oft die Qualität verloren gegangen.“Er bezieht dies auf Unternehmenswerte und den Umgang mit Mitarbeitern. Er habe oft den Eindruck, Mitarbeiter seien austauschbar. Man müsse mit ihnen anders umgehen und transpa
rent zeigen, wie die Zukunft aussieht, damit sich Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren können.
Die Forumsteilnehmer zeigen sich im Anschluss beeindruckt. „Ich bin überrascht, wie deutlich Ihr uns den Spiegel vorhaltet“, sagt Kaufels und spricht damit für die Forumsteilnehmer und überhaupt die Unternehmenswelt. „Wenn wir das nicht hinkriegen, verlieren wir Mitarbeiter.“
Im Anschluss an die Forumsrunden haben Teilnehmer und Gäste die Gelegenheit, den Austausch individuell in Speed-Datings zu vertiefen. Die Gäste bedanken sich dabei für das Format der Veranstaltung. Einige hätten sehr detaillierte Fragen gestellt, sagen Forumsteilnehmer. Und wer weiß – vielleicht finden hier tatsächlich Kandidaten und Unternehmen zueinander, die die Zukunft gemeinsam gestalten wollen.