Das Bangen um den Schulplatz
An Gymnasien mit zu vielen Anmeldungen entscheidet das Los. Bis zu 300 Kinder sind von Absagen betroffen.
Der Nachfrage-Druck auf die Düsseldorfer Gymnasien wird konkret. Bis zu 300 Familien haben in den vergangenen Tagen Post erhalten, auf die sie lieber verzichtet hätten. Schriftlich teilen dort jene Gymnasien, an denen es mehr Anmeldungen als Plätze gibt, mit, wer es geschafft hat und wer nicht.
In dem Brief wird den Eltern auch mitgeteilt, an welchen Standorten im Stadtgebiet es wie viele freie Plätze gibt. Legt man die Zahlen aus den Schnellmeldungen des ersten Anmelde-Durchgangs zugrunde, dürfte es an mindestens acht der insgesamt 18 städtischen Gymnasien keine Absagen geben, weil dort entweder Plätze frei geblieben sind oder die Zahl der Anmeldungen ziemlich genau den für das kommende Schuljahr angebotenen Kapazitäten entspricht.
An den anderen Standorten könnte es dagegen zu Absagen kommen. In zwei Fällen hängt es davon ab, ob die Bezirksregierung einmalig eine weitere fünfte Klasse genehmigt. Allerdings ist die Bandbreite in diesem Fällen enorm: Sie reicht von Einzelfällen bis hin zu 30, 40 oder sogar 50 Absagen.
Zu diesen Schulen gehört auch in diesem Jahr das Gerresheimer Gymnasien am Poth, das mit 188 Jungen und Mädchen auf die zweithöchste Bewerberzahl kommt, kurz hinter dem Geschwister-Scholl-Gymnasium in Bilk mit 201 Interessenten. Bitter für Familien, die am Poth nicht unterkommen: Auch das im gleichen Stadtteil gelegene MarieCurie-Gymnasium hat laut Schnellmelde-Liste keine freien Kapazitäten. Alljährlich gibt es daran Kritik, im vergangenen Jahr waren Schüler nach Mettmann oder in weit entfernt gelegene Quartiere der Landeshauptstadt ausgewichen.
Besonders groß ist der Unmut, weil weder die Leistungen auf dem Zeugnis noch die konkrete Schulform-Empfehlung und auch nicht die Nähe zur Schule bei der Auswahl der Kinder irgendeine Rolle spielen. „Wir lassen das Los entscheiden, weil es unter den in Frage
kommenden Verfahren das am wenigsten schlechte und das einzig wirklich rechtssichere ist“, sagt Raphael Flaskamp, Leiter des Gymnasiums am Poth.
Konkret bedeutet dieses Verfahren, auf das sich die Leiter der städtischen Gymnasien schon länger festgelegt haben: Ein Kind mit einem Zeugnisschnitt von 1,3 und einer „uneingeschränkten Empfehlung“fürs Gymnasium, das auch noch in Sichtweite der Schule lebt, kann leer ausgehen. Ein Kind mit vielen Dreien und Vieren und einer Realschul-Empfehlung aus einem anderen Stadtbezirk kann dagegen aufgenommen werden. Ausnahmen von diesem von den Familien gefürchteten Losverfahren werden nur für Geschwisterkinder gemacht.
„Ich verstehe vollkommen, dass viele Familien in diesem Moment enttäuscht sind und die manch
mal traurigen Einzelschicksale, bei denen es dann beispielsweise um die Trennung von engen Freunden geht, lassen mich natürlich nicht kalt“, sagt Flaskamp. Trotzdem sieht er keine Alternative zum Losentscheid. Denn in NordrheinWestfalen hätten die GrundschulEmpfehlungen lediglich beratenden Charakter, die Schulform-Wahl liege letztlich bei den Eltern. „Greifen wir trotzdem auf das Leistungskriterium zurück, drohen Klagen, die in der Folge bei der Platzvergabe für Verwirrung und neue Unsicherheiten sorgen würden. Das können wir nicht verantworten“, sagt der Pädagoge.
Ralf Schreiber, Leiter des GoetheGymnasiums in Düsseltal und einer der Sprecher dieser Schulform, sieht ebenfalls keine Alternative. So komme auch der Wohnort nicht als Filter-Kriterium in Frage. „Wir haben
in Düsseldorf ein System, bei dem die Schwerpunkte und Profile der Gymnasien eine besondere Rolle spielen. Diese Gefüge würde man auflösen, wenn es bei der Aufnahme-Entscheidung plötzlich doch um die räumliche Nähe ginge.“Von rund 40 Absagen geht auch Torsten Petter, Leiter des einzigen Düsseldorfer Gymnasiums mit mehr als 200 Anmeldungen, aus. „Die Enttäuschung wird bei den Betroffenen groß sein, aber eine Alternative zum Losverfahren sehe ich in diesem Moment nicht.“
Und wie könnte ein Ausweg aussehen?„Den werden in unserem Fall erst die neuen Gymnasien in Eller und am Heinzelmännchenweg in Grafental bringen“, meint Raphael Flaskamp. Doch genau an diesem Punkt setzt die Kritik von Eltern ein. „Der ursprünglich mal für 2024 geplante Neubau in Grafental
verschiebt sich immer weiter nach hinten, offenbar gibt es Probleme mit der dortigen Infrastruktur. Die Stadt wird bei diesem Thema der seit langem absehbaren Bevölkerungsentwicklung einfach nicht gerecht“, bemängelt ein Vater.
Die Leiterin des Amtes für Schule und Entwicklung, DagmarWandt, erläutert die Probleme am Heinzelmännchenweg. Dort führe die Güterbahnstrecke zu enormen Erschütterungen des Bodens, „Experten prüfen, wie das Gebäude so im Boden verankert werden kann, dass der Schulbetrieb reibungslos funktioniert“, sagt sie. Mit einer Inbetriebnahme sei„frühestens 2026“zu rechnen. Trotzdem rechnet sie mit einer Entlastung für den Düsseldorfer Osten: „Schließlich startet das neue Gymnasium an der Bernburger Straße in Eller im kommenden Jahr.“