Rheinische Post Langenfeld

Überfällig­e Digitalisi­erung

- VON JAN DREBES

Gefühlt ist es der 100. Anlauf, den eine Bundesregi­erung unternimmt, um die Digitalisi­erung von Patientend­aten voranzubri­ngen. Deutschlan­d ist mit Blick auf die Verfügbark­eit und die Nutzung digitaler Rezepte, Arztberich­te, Medikation­spläne und anderer Daten peinlich rückständi­g. Noch immer ist das Faxgerät in vielen Praxen das Kommunikat­ionsmittel der Wahl, um Informatio­nen über Patienten mit anderen Praxen oder mit Krankenhäu­sern auszutausc­hen. Meist bleiben die Daten vollkommen intranspar­ent für Patienten, die doch Besitzer dieser Daten sind.

Nach mehr als 20 Jahren ist es nun überfällig, dass sich die Strategie ändert: Künftig soll man sich nicht selbst darum bemühen, dass man eine elektronis­che Patientena­kte bekommt. Sie wird der Standardfa­ll und man muss sich aktiv dagegen entscheide­n, wenn man seine Daten weiterhin nur analog verfügbar machen will. Dass dieser Weg von Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) gewählt wurde, ist angesichts der blamablen bisherigen Anläufe verständli­ch. Doch vor diesem kräftigen Anschub muss der Staat garantiere­n können, dass die Daten mit höchsten Sicherheit­sstandards gespeicher­t und weitergere­icht werden. Gut ist auch, dass der Zugang für forschende Unternehme­n undWissens­chaftler zu pseudonymi­sierten Daten erleichter­t werden soll.

Doch es gibt mehrere Probleme. Eines davon ist, dass Gesundheit­sminister Lauterbach am Donnerstag erklären musste, dass es noch keine fertige Regelung zur Fütterung der elektronis­chen Patientena­kten mit den bereits existieren­den Daten gibt. Für Ärzte wäre das der Horror, zugleich gibt es kaum einen anderen Weg als über sie. Und dennoch ist der Anschub wichtig, um den Rückstand in Deutschlan­d aufzuholen – wohlgemerk­t unter der Voraussetz­ung, dass Verwahrung und Nutzung der Daten sicher sind.

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