Gericht schaut sich Brandort an
Im Prozess um die Explosion in Opladen ermöglicht Technik virtuellen Hausbesuch.
Die Richter waren vor Ort – in dem Wohngebäude an der Augustastraße 9 in Opladen. Jedenfalls virtuell. Die Technik ermöglichte es der 15. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts durch das Gebäude zu „gehen“, Zimmer für Zimmer, Etage für Etage. Bis zum Dachgeschoss, wo das Feuer am 13. Mai vergangenen Jahres ausbrach und das etwa 100 Jahre alte Gebäude unbewohnbar machte.
Die Möglichkeit, sich die von einem Computer simulierte Situation dreidimensional anzuschauen, gewährte ein Mitarbeiter der Versicherung, die letztlich den Großteil des Schadens begleichen muss. Er machte mit einer Spezialkamera 360-Grad-Rundumaufnahmen, gleich mehrere, die dann der Computer zu einem Gesamtbild formte. Stichwort: virtuelle Realität.
Dabei konnte man erkennen, dass vor allem in der Küche und im Bad die Schäden der Explosion nicht so gravierend waren wie in den Räumen, die zur Straßenseite gelegen sind. Wichtig ist das als Indiz dafür, dass der Knall gegen 10.30 Uhr an diesem Freitagmorgen kaum eine Gasexplosion gewesen sein konnte, denn die Gastherme befand sich in der Küche. Das war nämlich zunächst damals vor Ort die Vermutung.
Bei späterer und genauerer Untersuchung von Sachverständigen verdichtete sich der Verdacht, dass das Feuer vorsätzlich gelegt sein musste. Die Brandermittler der Polizei hatten sogar einen eigens auf Brandbeschleuniger trainierten Hund angefordert. Der musste aus der Nähe von Bielefeld mit seiner Hundeführerin anreisen. Nachdem sukzessive einige Mauerreste beseitigt wurden, schlug die Schnüffelnase zweimal an. Die entdeckten Textilien wurden dann von einem Spezialgerät des Landeskriminalamtes untersucht.
Die Aussagen des Statikers, einer Mitarbeiterin der Leverkusener Bauaufsicht, von Polizeibeamten, vom Eigentümer des Gebäudes ergeben mittlerweile ein immer genaueres Bild, wenngleich direkte Hinweise auf eine Beteiligung des 47-jährigen Angeklagten bislang noch nicht zur Sprache kamen.
Die beiden Verteidiger brachten immer wieder Fragen zur Erdgasanlage des Hauses vor; damit wollen sie offenbar ihre These von der Gasexplosion verifizieren. Danach sollten erst einen Tag vor der Detonation Arbeiten an den Gaszählern im Keller vorgenommen worden sein. Der Hausbesitzer wollte das nicht bestätigen: „Davon ist mir nichts bekannt, davon hätte ich wissen müssen.“
Jedenfalls waren nach Einsatz von Feuerwehr und Polizei auch Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks am und im Gebäude tätig, um eine Sicherung vorzunehmen. Zuletzt auch Mitarbeiter einer Kölner Firma, die auf die Beseitigung von Brand- und Wasserschäden spezialisiert ist. Die Bewohner des Hauses mit sieben Wohnungen, von denen fünf vermietet waren, haben genau eine Woche nach dem Brand Zugang erhalten, um wichtige Dinge zu sichern. Nur die Bewohnerin der Dachgeschosswohnung nicht, die zur Zeit des Brandes in Urlaub war und die später den Verlust von Goldschmuck anzeigte. Den soll laut Anklage der frühere Lebensgefährte gestohlen und mit der Brandstiftung Spuren vernichtet haben. Der Statiker, als Bauingenieur auch für die Sanierung zuständig, stellte in Aussicht, dass die Wohnungen in etwa einem Dreivierteljahr wieder bezogen werden können. Der Prozess wird fortgesetzt.