Rheinische Post Langenfeld

„Curvy Models inzwischen gerne gesehen“

Das Foto- und Laufsteg-Model aus Solingen spricht über weibliches Selbstbewu­sstsein und Hass im Netz.

- KRISTIN DOWE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

Dascha, seitdem du 2021 den zweiten Platz bei „Germany‘s next Topmodel“belegt hast, ist viel passiert. Was waren deine persönlich­en Highlights?

DASCHA CARRIERO Da gab es so viele, dass ich eigentlich gar kein bestimmtes nennen kann. Ich habe supercoole Leute kennengele­rnt und tolle Jobs bekommen – unter anderem habe ichWerbesp­ots für Adidas gedreht oder mit Rieker zusammenge­arbeitet und bin regelmäßig auf der FashionWee­k unterwegs. Ich bin sehr dankbar für die vielen Chancen, die ich seit der Show bekommen habe.

Kürzlich warst du auf dem Cover von „Burda Curvy“zu sehen. Gibt es in der Modebranch­e inzwischen mehr Akzeptanz für kurvige Frauen?

CARRIERO Ja, auf jeden Fall. Früher waren nur Frauen als Model angesehen, die die Maße 90-60-90 hatten und mindestens 1,80 Meter groß waren. Mittlerwei­le sind Curvy Models bei den Firmen gerne gesehen. Das finde ich toll, weil es viel mehr die Realität widerspieg­elt, die man draußen zum Beispiel im Schwimmbad vorfindet. Es gibt so viele unterschie­dliche Frauen mit unterschie­dlichen Körperform­en. Umso mehr wünsche ich mir, dass Frauen unabhängig von ihrer Figur selbstbewu­sster werden und sich trauen, neue Looks auszuprobi­eren oder buntere Farben zu tragen. Nur weil man ein bisschen mehr auf den Rippen hat, heißt das nicht, dass man hässlich ist. Wenn man verrückt, wild und bunt ist, kann man das auch in seinem Stil ausdrücken.

Ist dieses Ziel denn schon erreicht?

CARRIERO Nein, für mich ist derWeg da noch ziemlich weit. Es gibt immer noch viel zu viele Hater auf der Welt und Leute, die meinen, ihre Meinung über andere äußern zu müssen. Viele Frauen, aber auch Männer, lassen sich schnell einschücht­ern und denken, der Gesellscha­ft irgendetwa­s beweisen zu müssen. Das wird wahrschein­lich nie aufhören, aber man kann lernen, dadrüber zu stehen. Es muss einem egal sein, was andere Leute sagen.

Hast du auch schon mal Erfahrung mit Hasskommen­taren gemacht? CARRIERO Klar, auf Social Media kommen viele Menschen und Meinungen zusammen. Auch ich habe Hasskommen­tare bekommen, aber sowas interessie­rt mich nicht. Meistens kommt so etwas von Menschen, die nicht mit sich selbst zufrieden sind. Da höre ich einfach nicht drauf und ziehe mein eigenes Ding durch. Wenn ich mich selbst schön finde und mich in meinem Körper wohlfühle, dann kann mir das keiner nehmen. Ich lebe mein Leben für mich und nicht für andere.

Was verbindest du mit deiner Heimatstad­t Solingen?

CARRIERO Vor allem viele Erinnerung­en an meine Schulzeit, ich habe

dort ja Abitur gemacht und später auch gearbeitet. Solingen wird oft als hässlich abgetan, dabei hat die Stadt auch wunderschö­ne Ecken zu bieten. Auch viele Restaurant­s und Läden finde ich wirklich gut. Negative Seiten gibt es in jeder Stadt. Das sollte man akzeptiere­n.

Du hast ukrainisch­e Wurzeln. Wie geht es deiner Familie, die in der Ukraine dem russischen Angriffskr­ieg ausgesetzt ist?

CARRIERO Das Schlimmste ist, dass man einfach nur zu Hause sitzt und nichts dagegen machen kann. Meine Oma ist mal im Aufzug stecken geblieben, weil der Strom ausgefalle­n ist und sie musste dort herausgeho­lt werden. Wir haben ihr jede Menge Kerzen geschickt, weil die Wohnungen teilweise keinen Strom haben. Sie hat dann überall Kerzen aufgestell­t, damit sie wenigstens ein bisschen Licht hat, da es in der Ukraine gerade im Winter schon sehr früh dunkel wird. Und es ist extrem kalt. Wir Deutschen regen uns über die Strom- und Gaspreise auf und dass wir „nur“18 Grad in der Wohnung haben. In der Ukraine herrschen im Winter minus 15 Grad. Nach Deutschlan­d holen können wir meine Großeltern auch nicht, weil mein Opa seit über 20 Jahren nicht mehr laufen kann. Die beiden sind auch einfach alte Menschen, die nicht den letzten Teil ihres Lebens in einem anderen Land verbringen möchten. Das kann ich gut verstehen. Meine Großeltern haben die Situation akzeptiert, auch wenn uns Angehörige­n das sehr schwer fällt. Trotz allem glaube ich fest an einen Sieg der Ukraine.

 ?? FOTO: ELENI BOGATINI ?? Die Solingerin Dascha Carriero sprach über ihre Zeit nach „Germany‘s next Topmodel“, un
realistisc­he Schönheits­ideale und den Krieg
in der Ukraine.
FOTO: ELENI BOGATINI Die Solingerin Dascha Carriero sprach über ihre Zeit nach „Germany‘s next Topmodel“, un realistisc­he Schönheits­ideale und den Krieg in der Ukraine.

Newspapers in German

Newspapers from Germany