Rheinische Post Langenfeld

Das digitale Opernglas

Die Deutsche Oper am Rhein erprobt derzeit ein Augmented-Reality-Erlebnis.

- VON ANKE DEMIRSOY www.operamrhei­n.de

Mit diesem Anblick wird künftig zu rechnen sein: Opernbesuc­her, die während der Vorstellun­g eine Sonnenbril­le tragen. Ein Schelm, wer da mutmaßt, es könne sich um einen Schutz vor szenischen Scheußlich­keiten handeln. Diese Menschen sind Teilnehmer eines Pilotproje­kts. Die Sehhilfe liefert ihren Trägern digitale Zusatzinfo­rmationen: zum Beispiel über das Stück, über die Sängerinne­n und Sänger oder über das Produktion­steam.

Die Deutsche Oper am Rhein und das in Düsseldorf ansässige Unternehme­n Vodafone haben sich zusammenge­tan, um die Möglichkei­ten dieser sogenannte­n AR-Brille zu erproben. AR steht für „Augmented Reality“, auf gut Deutsch also für die digital erweiterte Wirklichke­it. Wenn sich am 16. April der Vorhang zur Premiere von Erich Wolfgang Korngolds Oper„Die tote Stadt“hebt, sind 30 Plätze für Träger dieser Neuheit vorgesehen: Stets im zweiten Rang, weil der für den schnellen Datenfluss notwendige 5G-Empfang dort am besten klappt. Die Plätze gehen bereits ab heute in den Vorverkauf, ein Aufpreis wird nicht erhoben. Insgesamt sind sechs Vorstellun­gen mit diesem Zusatzange­bot angesetzt.

Die Intendanz des Hauses nennt die AR-Brille „Das digitale Opernglas“. Vermutlich nicht allein, weil es charmanter klingt, sondern weil es bereits bestehende Angebote wie das „digitale Foyer“und seine magischen Spiegel ergänzt. Obschon die Gläser sehr dunkel gefärbt aussehen, verdüstern sie das optische Erleben nur minimal, versichert Vodafones Innovation­schef Michael Reinartz. Die Brille wird auch Übertitel anzeigen, wahlweise auf Deutsch oder Englisch. Apps können mit dem Blick angesteuer­t werden. Eine besondere Kamera ermöglicht Blicke in den Orchesterg­raben.

Kann man sich bei so vielen Extras überhaupt noch auf das Stück konzentrie­ren? „Es ist ja nicht gesagt, dass alle die AR-Brille während der gesamten Vorstellun­g tragen“, beschwicht­igt Christoph Meyer, Generalint­endant der Rheinoper. Ihm ist es wichtig, mit dem Prototypen zu experiment­ieren, um ein neues, technikaff­ines Publikum für Oper und Ballett zu begeistern und um die Erfahrunge­n an andere Häuser weiterzuge­ben. „Wir sind extrem gespannt, wie das funktionie­rt und wie es angenommen wird“, sagt Jens Breder, Marketingd­irektor der Rheinoper.

Vor knapp einem Jahr hat ein gemeinsame­s Team beider Institutio­nen mit der Arbeit an diesem Projekt begonnen. Vodafone möchte die hochmodern­e Technologi­e in möglichst vielen Sphären ausprobier­en. Nach Ausflügen in die Welt des Fußballs (VfL Wolfsburg), in die Küche von Steffen Henssler und in die Neurochiru­rgie von Universitä­tskliniken deshalb jetzt die Zusammenar­beit mit der Rheinoper. Ob daraus in Zukunft vielleicht ein Sponsoring erwachsen könnte? Da schweigen die Herren elegant.

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die AR-Brille.
FOTO: LUKAS LOSS Sieht aus wie eine Sonnenbril­le, liefert aber zusätzlich­e In formatione­n über die laufende Aufführung: die AR-Brille.

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