Drei Trends für den Immobilienmarkt
Die Zinsen steigen, die Preise für Immobilien sinken. Lohnt sich jetzt der Einstieg für Käufer? Wir haben Düsseldorfer Makler und Baufinanzierer gefragt, wie sich der Markt entwickelt.
Wer wissen will, wie sich die Kaufpreise für Immobilien entwickeln, muss auf den Leitzins der Europäischen Zentralbank schauen: Da dieser seit dem Sommer 2022 immer weiter erhöht wird – von damals null auf demnächst 3,5 Prozent – wird es für potenzielle Käufer dementsprechend teurer, Geld für ihre Traum-Immobilie zu leihen. Manche können sich die Finanzierung nicht mehr leisten. Das sorgt für eine geringere Nachfrage und drückt die Preise. Soweit die Logik aus dem Lehrbuch. Wie verändert sich dadurch der Düsseldorfer Immobilienmarkt? Das haben wir fünf Experten gefragt. Hier kommen die Antworten – in drei Trends.
1. Der Verkauf dauert länger
Im Juli, sagt Erwin van der Hout von der Stadtsparkasse, da habe er das erste Mal eine große Veränderung bemerkt: „Früher dauerte es vom Schalten der Verkaufsanzeige bis zum Notartermin drei Wochen“, sagt der Chef des Baufinanzierungsund Immobiliengeschäftes bei der Stadtsparkasse Düsseldorf. „Mittlerweile vergehen im Schnitt sechs Monate, bis der Kauf vollzogen ist.“
Victoria Saitta, die seit 14 Jahren Luxus-Immobilien in besten Lagen wie beispielsweise Oberkassel verkauft, kann diese Entwicklung aus eigener Erfahrung bestätigen: „Manche Eigentümer sind noch sehr festgefahren bei ihren Vorstellungen für die Verkaufspreise“, sagt die Maklerin. So habe sie aktuell mit einer großen Wohnung und einem kleineren Haus zwei Objekte im Portfolio, die vor einem Jahr schon längst verkauft worden wären – jetzt aber noch zu haben sind. „Bis vor einem Monat haben wir gedacht, dass wir von den Folgen der gestiegenen Zinsen gar nicht betroffen sind“, sagt die 33-Jährige. „Jetzt merken wir, dass sogar Käufer von zwei bis drei Millionen Euro teuren Immobilien extrem verhalten geworden sind.“
Einerseits gebe es Interessenten, die den angebotenen Preis zwar fair fänden, aber keinen Kredit mehr bekämen. Andererseits gebe es das Klientel „mit viel Cash, die ihre gestiegene Verhandlungsmacht verstehen und sich deshalb im Warten auf niedrigere Preise zurücklehnen.“
2. Preise werden runter gehandelt
Alle befragten Experten berichten von gesunkenen Preisen. Allerdings
nicht überall. „Vor allem die Immobilien im Speckgürtel von Düsseldorf haben in der Pandemie profitiert“, sagt Erwin van der Hout. Langenfeld, Meerbusch, Haan, Mettmann – dort seien klassische Reihenhäuser in Zeiten von mehr Homeoffice und weniger Pendelei enorm aufgewertet. „Jetzt gibt es da Einbußen von 15 Prozent“, berichtet van der Hout. Das sehe er in Düsseldorf bei Häusern nicht. Bei kleineren Apartments oder Eigentumswohnungen dagegen merke er Rückgänge von bis zu 20 Prozent. „Wir haben Kunden, die ihreWohnung vor zehn Jahren für 100.000 Euro gekauft haben und eigentlich für 250.000 Euro verkaufen wollten“, sagt der Baufinanzierungs-Experte.„Jetzt kommen sie beimVerkauf vielleicht nur noch auf 180.000 Euro, willigen aber trotzdem ein, weil sie immer noch viel Gewinn mitnehmen.“
Einen großen Einfluss auf die Preise habe neuerdings das Thema Energie-Effizienz. „Bis vor anderthalb Jahren hat es einen Käufer nicht interessiert, ob es einen Energieausweis gibt – geschweige denn, was da drauf steht“, sagt van der Hout. „Heute ist das die erste Frage. Wenn eine Modernisierung ansteht, etwa bei der Heizung, ist ein Preis-Abschlag von zehn Prozent möglich.“
Dass der angebotene Preis in einer Immobilien-Anzeige nur ein Referenzwert ist, war schon immer so. Neu ist aber, dass nicht mehr nach oben, sondern nach unten verhandelt werde, sagt Christoph Fischer. Der geschäftsführende Gesellschafter von Fischer-Sturm Immobilien empfiehlt seinen Kunden, „mit der neuen Realität zu arbeiten“. Gestiegene Zinsen, Inflation, Ukrainekrieg – Käufer seien verunsichert, danach müssten sich auch die Preise von
Immobilien richten.
„Viele Interessenten haben von ihrem Immobilienwunsch Abstand genommen“, bestätigt Andreas Veken, Leiter Baufinanzierung bei der Volksbank Düsseldorf Neuss. „Wegen der steigenden Lebenshaltungskosten herrscht eine breite Zurückhaltung vor.“Christoph Fischer sieht deshalb die Tendenz, dass es bei den Preisen weiter runter geht. Das erste Mal hat er diesen Trend übrigens im Spätsommer gemerkt, als er ein Einfamilienhaus im Düsseldorfer Zooviertel vermittelte. Auf dem Preisschild standen 700.000 Euro, im Kaufvertrag dann nur noch 620.000 Euro.
3. Banken sagen häufiger Nein
Wer eine Immobilie haben will, braucht eine Bank, die den Kauf „finanziert“– also einen Kredit gibt, der über Jahrzehnte zurück
gezahlt werden muss. Baufinanzierer wie Erwin van der Hout schauen sich dann die Haushaltskasse an. Wie hoch ist das Einkommen? Welche Ausgaben fallen übers Jahr an? Mit anderen Worten: Kann sich der Interessent die Immobilie leisten und den Kredit bis zur Rente abbezahlen? „Im Vergleich zu vor einem Jahr“, sagt van der Hout,„lautet unsere Antwort deutlich häufiger: Nein.“Manchmal, weil die Immobilie „komplett überteuert“sei. Oder die Modernisierung doppelt so aufwendig wie angegeben. „Dann wird aus dem Traum der Doppelhaushälfte schnell mal ein Reihen-Mittelhaus oder eine größere Wohnung“, sagt der Baufinanzierer. Interessenten rät er, so viel Geld wie möglich anzusparen und sogar über Schenkungen aus dem Familienkreis nachzudenken. Denn: „Jeder Euro Eigenkapital zählt.“