Rote Karte für Bettler
In der Schweiz schränken viele Orte das Betteln stark ein. Der Grenzkanton Basel-Stadt weist nun sogar Menschen aus Osteuropa aus, wenn sie auf der Straße nach Geld fragen. Kritiker fürchten, das andere Kommunen folgen könnten.
aus EU-Staaten oder Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation, die einzig zum Betteln in die Schweiz einreisen, erfüllen gemäß Urteil des Bundesgerichts vom 13. März 2023 die Einreisevoraussetzungen nicht“, hält Rahel Walser fest. Für Betroffene, die sich im Kanton Basel-Stadt aufhalten, hat das Urteil „weitreichende Folgen“, schreibt das Justiz- und Sicherheitsdepartement. In Basel fordern Polizisten seitdem die Bettler formlos auf, so schnell wie möglich aus der Schweiz auszureisen. Diese Anweisung spielen sie auf Audiogeräten in der entsprechenden Landessprache ab, da viele Bettler des Deutschen nicht mächtig sind.„Erst wenn diese der Aufforderung nicht nachkommen, werden sie perVerfügung vom Migrationsamt weggewiesen“, heißt es.Verlassen dieWeggewiesenen das Land immer noch nicht, droht ihnen Haft. Anschließend warten eine zwanghafte „Ausschaffung“und eine Einreisesperre auf sie.
Rechtsanwalt Christian vonWartburg legt das Urteil des Bundesgerichts jedoch anders aus: „Bürger aus dem Schengenraum, zu dem die meisten Länder der EU gehören, dürfen frei in die Schweiz einreisen“, sagt das Mitglied der demokratischen Juristinnen und Juristen der Schweiz. „Nur weil sie betteln, können wir sie nicht wegweisen.“Eine abschließende Klärung müsse vor Gericht erfolgen, erklärt der Jurist. Allerdings findet sich kein Beschwerdeführer unter den Bettlern. Sie sind entweder weggewiesen worden oder wollen sich keinen Ärger mit der Schweizer Justiz einhandeln.
Die Schweizer Bundesstadt Bern greift schon seit Jahren hart gegen bettelnde Ausländer durch – Wegweisung inbegriffen. Dabei schießen die Behörden laut dem Streetworker Michel Steiner vomVerein„Schwarzer Peter“über das Ziel hinaus: „Es ist beschönigend, zu behaupten, es gehe dabei ums Betteln. Es werden generell viele Menschen mit einem Verbot belegt, einfach weil sie das gewünschte Stadtbild stören“, sagt Steiner im SRF.
Kritiker befürchten, dass die rigide Politik des „City Cleaning“in Basel-Stadt und Bern von weiteren Kantonen oder Kommunen kopiert werden könnte. Die Schweiz dürfte dann noch ungemütlicher für Menschen am unteren Rand der Gesellschaft werden. „Die Behörden sorgen mit sehr harten Mitteln dafür, dass Armut unsichtbar wird“, erklärt Rechtsanwalt von Wartburg. „Die Bettler tauchen dann an anderen Stellen auf.“Der Sozialdemokrat vonWartburg undVertreter anderer linker Parteien plädieren für eine „Art Hausordnung für das Betteln“. Bettelnde aus dem In- und Ausland sollten mit leichtem Druck zu sozial verträglichen Verhaltensweisen veranlasst werden. Von Wartburg weist darauf hin, dass die Bettelei durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sei: „Jedem Menschen ist es erlaubt, auf seine prekäre Lage aufmerksam zu machen und andere Menschen um Hilfe zu bitten.“