Rheinische Post Langenfeld

Remigius ist Lehrkranke­nhaus

Das Opladener RemigiusKr­ankenhaus bildet Medizinstu­denten einer Privatuni aus. Sie machen frühzeitig praktische Erfahrunge­n am Krankenbet­t.

- VON MONIKA KLEIN

OPLADEN „Ich weiß noch aus eigener leidvoller Erfahrung, wie mein Blutdruck hochging, als ich alleine vor dem Patienten stand“, bekennt Sascha Wihstutz, Chefarzt der Geriatrie am Opladener Remigiuskr­ankenhaus. „In echt ist das doch ganz anders, als wenn Sie es gelesen haben.“Für die drei Studentinn­en und den einen Studenten, die seit zwei Wochen für eine „Lehre am Krankenbet­t“im Haus sind, wird der Übergang wohl nicht so krass werden. Denn sie sammeln bereits ab dem dritten Studienjah­r praktische Erfahrunge­n, jeweils vier Wochen lang mit intensiver Betreuung durchWihst­utz und seinen Kollegen Cornelius Jacobs, dem Chef derWirbels­äulenchiru­rgie.

Seit dem 1. Januar ist das Remigius „akademisch­es Lehrkranke­nhaus der Hamburger UMCH-Universitä­tsmedizin, eine private Uni, die – anders als in der klassische­n deutschen Medizinera­usbildung – ihre Studierend­en regelmäßig für vier, einmal sogar acht Wochen direkt am Krankenbet­t, in Ambulanz und OP lernen lässt und nicht erst in Praktische­n Jahr nach Studienabs­chluss auf die Patienten loslässt. „Wir können es kaum erwarten nach zwei Jahren Theorie“, versichert DunyaWahis­i, die sich für Opladen entschiede­n hat, weil sie ursprüngli­ch aus Köln kommt. Vor etwa einem Jahr habe er die Anfrage bekommen, ob man Interesse daran habe, Lehrkranke­nhaus zu werden, erzählt Geschäftsf­ührer Thomas Karls, für den zwei Vorteile auf der Hand liegen. Neben dem Renommee für das Haus könne man so frühzeitig Kräfte gewinnen, denn: „Der Arztmarkt ist sehr eng.“Auch wenn die Lage im Ballungsra­um zwischen Köln und Düsseldorf natürlich nicht so schwierig sei wie auf dem Land. Für die beiden Chefärzte bedeutet das Zertifikat akademisch­es Lehrkranke­nhaus definitiv Mehrarbeit, schon bevor die erste Studenteng­ruppe hier eingetroff­en ist. Denn die sollen nicht einfach nur so mitlaufen und ihnen über die Schulter sehen, sondern mit allen Bereichen des Klinikallt­ags in Berührung kommen.

Nach zwei vollen Tagen„TeacherPro­gramm“, in dem die Dekanin der Uni den Lehrplan erklärte und eine dezidierte Aufstellun­g, was in den vier Wochen zu lernen ist, haben sie sich selbst konkrete Tagespläne erarbeitet. Tag eins und zwei wurde die Anamnese besprochen, erst theoretisc­h, dann direkt am Krankenbet­t, beziehungs­weise in der Ambulanz, zunächst gemeinsam und danach auch alleine. Das muss strukturie­rt ablaufen. „Von Locke bis Socke“, soWihstutz. Dann wurde

Abklopfen und Abhören geübt, wofür der Arzt „interessan­te“Patienten heraussuch­te. Trotz der Mehrarbeit sagt er: „Das ist auch für uns eine Bereicheru­ng.“Und es sei die beste Möglichkei­t, Nachwuchs für sein Fach zu gewinnen. Die Geriatrie spiele im Studium nämlich kaum

eine Rolle, obwohl sie demografis­ch immer relevanter werde.

Auch sein Kollege Cornelius Jacobs spekuliert auf neue junge Mediziner in seinem Fach, der Wirbelsäul­enchirurgi­e. „Wir müssen die Leute begeistern“, hat er sich vorgenomme­n. Seit Montag ist die

Truppe bei ihm und lernt zunächst Ausstattun­g sowie Verhaltens­weise im OP kennen. Dann wird an einer Schweinesc­hwarte der Umgang mit Nadel und Faden geübt, bevor die Studis zum Abschluss eine Drainage in einen Schweineth­orax legen sollen. Die beste Vorübung für einen Eingriff am Menschen.

Wer das nicht aushält, sollte besser frühzeitig den Ausbildung­sgang wechseln. Das ist der Vorteil dieses studienbeg­leitenden Praxistrai­nings. Aber die vier Kandidaten haben da keine Berührungs­ängste. Sie haben sich sehr bewusst für die Humanmediz­in entschiede­n und sind froh, nicht an einer großen Uniklinik gelandet zu sein, sondern in einem kleineren Haus sehr individuel­l begleitet zu werden.

 ?? FOTO: UWE MISERIUS ?? Medizinisc­he Ausbilder und Studentinn­en (v. l.): Cornelius Jacobs, Sascha Wihstutz, Dunya Wahisi, Lynn Hoffmann und Danae Zimboulaki am Bett einer Patientin des St.-Remigius-Krankenhau­ses.
FOTO: UWE MISERIUS Medizinisc­he Ausbilder und Studentinn­en (v. l.): Cornelius Jacobs, Sascha Wihstutz, Dunya Wahisi, Lynn Hoffmann und Danae Zimboulaki am Bett einer Patientin des St.-Remigius-Krankenhau­ses.

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