„Wir haben Angst vor mehr Bürokratie“
Der Langenfelder Bauer Janosch Sonntag verkauft Eier von frei laufenden Hühnern und unbehandeltes Gemüse.
LANGENFELD Die Bauern sind auf den Barrikaden, weil die Subventionen gekürzt werden. Wir wollten vom Langenfelder Landwirt Janosch Sonntag wissen, ob und wie man einen kleineren Betrieb lukrativ führt und was dabei helfen kann.
Erst ein paar Worte zu ihrem Betrieb, Herr Sonntag. Sie sind Nebenerwerbs-Landwirt, oder?
JANOSCH SONNTAG Das stimmt! Ich arbeite zwei Tage in der Woche als Landwirt mit meinen Eltern zusammen. Ich traue mich derzeit ehrlich gesagt nicht, allein von der Landwirtschaft zu leben. Die Krankenversicherung ist sehr teuer. Dazu kommen außer der Renteneinzahlung noch andereVersicherungen. Dann gibt es sehr viel Planungsunsicherheit, zum Beispiel das Wetter, aber vor allem die Auflagen der Politik. Deshalb arbeite ich hauptberuflich als Landmaschinen-Mechaniker.
Sie verkaufen seit vier Jahren Gemüse aus eigenem Anbau, zwar ohne Bio-Zertifikat, aber unbehandelt – das heißt für den Verbraucher?
SONNTAG Wir arbeiten ohne Dünger und Pflanzenschutzmittel. Ich ernte, was ich gesät habe und was aus dem Boden rauskommt. Unkraut wird händisch entfernt. MeineWare kommt vom Feld direkt in unseren Bauernladen an der Katzbergestraße mit 300 Metern Transportweg. Wir bauen außerdem nach konventioneller Art Getreide und Zuckerrüben an – meist als Futtermittel. Das Getreide wird in der Futtermühle in Neuss verarbeitet und kommt als Hühnerfutter zu uns zurück. Es hat so viel wie nötig und so wenig wie möglich an Pflanzenschutzmitteln gesehen.
Ihr Haupteinkommen im landwirtschaftlichen Bereich liegt aber im Verkauf von Eiern, nehme ich an? Wie Ihre Kunden wissen, werden Ihre Hühner artgerecht gehalten. Wie viele gibt es da eigentlich mittlerweile und wie viele Eier legen sie?
SONNTAG Eine artgerechtere Haltung als unsere gibt es nicht mehr. Wir haben circa 1000 Hühner auf drei mobile Ställe verteilt. Sie werden alle zwei bis drei Wochen versetzt. Unsere Hühner laufen frei auf der Weide und legen am Tag um die 800 Eier.
Die sind aber verhältnismäßig teuer. Bei Aldi kosten Bio-Eier 32 Cent pro Stück, bei Ihnen 45 Cent. Erklären Sie doch einmal, wodurch dieser Preisunterschied zustande kommt?
SONNTAG Wenn man als Landwirt einenVertrag mit einem Discounter eingeht, diktiert der den Preis. Da wird man über kurz oder lang geknebelt und ist in der Abhängigkeit. Bio-Eier vom Discounter stammen außerdem von Hühnern in großen Hallen, die ab und zu rauskönnen. Der Aufwand und die Lohnkosten sind viel geringer als bei uns. Die Halle wird nie versetzt. Der Sitzstangenplatz eines Huhnes im Mobilstall kostet das Doppelte von einem Hallenplatz. Wir brauchen mehr Weideplatz, müssen immer wieder Zäune versetzen, gehen zweimal am Tag raus und sammeln die Eier ein, müssen drei Orte anfahren, um die Ställe zu säubern und verwenden Futter ohne Gentechnik. Wir kaufen unsere Legehennen von kleinen Betrieben aus ebenfalls artgerechter Haltung und lassen einen mobilen Schlachter auf den Hof kommen. Auch da achten wir darauf, dass kein Tier gequält wird. Das alles ist personalintensiv und kostet.
Herr Sonntag, der Wegfall der Agrardiesel-Subvention macht alle Landwirte sauer. Sie auch! Macht das denn so viel aus? Oder geht es um das Prinzip und befürchten Sie noch weitere Kürzungen in der Zukunft? Was sind da Ihre größten Ängste?
SONNTAG Das ist keine Subvention, das ist ein Ausgleich. Wir bekommen von den 47 Cent Steuern pro Liter 21 Cent zurück. Das müssen wir jedes Jahr neu beantragen und begründen und warten dann auf die Bewilligung. Letztlich steht uns diese Ermäßigung zu, weil wir nicht wie der normaleVerbraucher Land- und Bundesstraßen benutzen, sondern unsere Trecker nur auf dem Feld brauchen. Diese Steuererleichterung für Landwirte macht die von uns produzierten Lebensmittel billiger. Ja, und wir haben Angst vor noch mehr Bürokratie und Vorschriften.
Welche zum Beispiel?
SONNTAG Der Natur zuliebe müssen wir vier Prozent unseres Ackerlandes brachliegen lassen. Das sind hocheffiziente Böden, auf denen wir nichts anpflanzen dürfen. Ich finde das unüberlegt in Anbetracht der Tatsache, dass anderswo Menschen hungern. Es werden viele Entscheidungen ohne Sachkenntnis getroffen.
Harte Worte. Dabei sollte doch gerade die regionale Versorgung eine wichtige Rolle spielen. Haben Sie Wünsche an unsere Regierung, um kleineren landwirtschaftlichen Betrieben, von denen es bei uns in Langenfeld und Monheim nur noch wenige gibt, das Überleben zu sichern?
SONNTAG Ja, denn ich befürchte für die Zukunft noch mehr Preisverfall unserer Produkte bei höherem Kostenaufwand. Wir Landwirte wünschen uns mehr Planungssicherheit, dass die Regierung zu ihrem Wort steht und dass auch alle Ämter mitziehen. Zum Beispiel, wenn ein Stall umgebaut werden muss. Es ist meistens äußerst schwierig und aufwändig, entsprechende Genehmigungen zu bekommen. Das bedeutet einen bürokratischen Wust, der unsere Kräfte übersteigt. Wir haben in Deutschland innerhalb der EU die höchsten Standards. Ich wünsche mir in der gesamten EU gleiche Regelungen.
Herr Sonntag, fühlen Sie sich vom Deutschen Bauernverband denn eigentlich immer noch richtig vertreten?
SONNTAG Ich erlebe es jetzt zum ersten Mal, dass es eine Großkundgebung gibt und dass der Deutsche Bauernverband für seinen Berufsstand aufsteht. Ich lasse mich überraschen, wie das alles ausgeht.
Was ist Ihre persönliche Motivation, den Sonntagshof trotz aller Hindernisse weiterhin am Leben zu halten?
SONNTAG Erst einmal bin ich sehr gerne Landwirt. Ich mache das mit Liebe und Leidenschaft und möchte darüber hinaus natürlich erhalten, was meine Großeltern und Eltern mir auf unserem Hof vorgelebt haben.