ChatGPT entziffert Flaschenpost-Fund
Josefine aus Baumberg (10) findet eine Flaschenpost im Rhein, verfasst in einer fremden Sprache.
Flaschenpost, das hat etwas Romantisches, atmet Abenteuer, Robinson Crusoe. Social Media dagegen, das ist als Echokammer verschrien, voll von Hate Speech und bestenfalls belanglosem Müll. Ein Flaschenpost-Fund in Baumberg zeigt: Beides kann sich auf wundervolle Art ergänzen!
Entdeckt hat die ketchupgroße Glasflasche mit grünem Verschluss und einem handschriftlich verfassten Brief darin die zehnjährige Josefine Stade aus Baumberg. „Fine“, wie ihre Benrather GroßmutterWaltraud sie nennt, war mit ihrem Papa am Rhein, Hochwasser gucken. „Schau mal da“, rief das Mädchen: Im Treibgut am Anleger beim Aalschocker hatte sich die Flaschenpost verfangen. Tags darauf kehrte Vater Manfred mit einem Obst-Ernter zu der Stelle zurück und fischte die Flasche aus dem Rhein.
Was wird drinstehen? Josefine konnte es kaum erwarten. Doch o je: Der Brief war in einer fremden Sprache verfasst! So fremd, dass Manfred
Stade Google hinzuziehen musste, um herauszufinden, um welche Sprache es sich handelt. Nur die Datierung war leicht zu entziffern: 31.12.2023 – Silvester!
Der Baumberger fotografierte Flasche und Brief und postete beides zusammen mit einer Schilderung des Fundes in mehreren heimischen Facebook-Gruppen.„Google sagt, es sei Ungarisch“, schrieb der 47-Jährige dazu.Wer„kann uns sagen, was geschrieben wurde?“
Die Antwort aus der Social-Media-Community kam prompt. Es sei Tschechisch, korrigierte ein Nutzer, ein anderer riet zu der KI-Software ChatGPT, um den Brief zu übersetzen. Das Ergebnis kann sich – soweit man das als des Tschechischen unkundiger Träger menschlicher Intelligenz beurteilen kann – sehen lassen.
Der Flaschenpost-Verfasser nennt mehr als ein halbes dutzend Länder in Mittelamerika, die er bereist habe, Mexiko, Belize, Costa Rica, Panama etc., dazu Portugal, Spanien, Frankreich. „Ich versuchte, Spanisch zu lernen, aber es war sehr schwierig für mich. Ich werde es in der Tschechischen Republik weiter versuchen.“Er habe sich entschieden, nach mehr als vier Jahren zurückzukehren, schreibt der Unbekannte, auch von seiner Hoffnung, für eine zerbrochene Beziehung eine neue Chance zu bekommen, und von seiner Dankbarkeit für das unterwegs Erlebte und für „all die wertvollen Lektionen, die ich gelernt habe“. „Die Welt ist schön. Und ich werde weiterhin an das Gute in mir und anderen glauben.“
Eine Facebook-Nutzerin mit deutschem Namen kommentiert: „Wie rührend, dass jemand eine Flaschenpost geschrieben hat und dann mit diesen Worten!“Dazu ein Smiley. Und eine Muttersprachlerin („Bin selber Tschechin“) erklärt: „Er hat seine ganzen Gefühle in den Brief geschrieben und wollte somit das Jahr beenden.“Für viele Menschen sei das„ein gutes Gefühl, wenn man sich nicht bei jemanden aussprechen kann“. Der Rat der Tschechin: „Ich würde es wieder in die Flasche packen und sie wieder ins Wasser werfen.“
Eine Flaschenpost, die man gefunden hat, zurück in den Rhein befördern? Das werde seiner Tochter schwerfallen, vermutet Manfred Stade: „Es ist doch wie ein Schatz für sie!“Auf jeden Fall aber will er Josefine von dem, was die anderen auf Facebook geschrieben haben, erzählen. Und am Ende – da ist er sich sicher – wird sie den Brief wieder in die Flasche stecken, diese gut verschließen und die Flaschenpost am Aalschocker zurückbringen auf ihren Weg den Rhein hinab.