Wie stabil ist der Konzern „Stadt Monheim“?
Kämmerin und Finanzchef stehen beim CDU-Polittalk Rede und Antwort. Die Zweifel an der Finanzarchitektur ausräumen können sie nicht.
Ein Missverständnis zwischen Kämmerin und Publikum. Beim jüngsten„Polit-Talk“der Monheimer CDU im „Pfannenhof“will der Fragesteller wissen: Und wenn es bei den Monheimer Kulturwerken oder anderen Stadttöchtern „mal brennt, wer haftet dann? Die Stadt ist doch zu 100 Prozent Eigner dieser Gesellschaften?“Kämmerin Nina Richter versteht die Frage wörtlich, verweist auf die Feuerversicherung. Dabei ist sie bildlich gemeint, im Klartext: Wenn einige der Stadttöchter die Kredite nicht bedienen können, dann steht die Stadt knietief in der Sch...! Oder etwa nicht? Sind doch allein für die Kulturraffinerie für die nächsten vier Jahre gut 90 Millionen Euro Kreditvolumen eingeplant.
Das Missverständnis – bezeichnend für die unterschiedliche Wahrnehmung der finanziellen Situation der Stadt Monheim an diesem Abend. „Haushaltsplan 2024 und die wirtschaftliche Lage der
Stadt“lautet das Thema. Mehr als 40 Monheimer sind gekommen, überwiegend Christdemokraten, aber nicht nur. Neben der Kämmerin von Verwaltungsseite ebenfalls mit an Bord: Guido Krämer, Bereichsleiter Finanzen.
Zunächst stellt CDU-Ratsfrau Angela Linhart die wichtigsten Kennziffern vor: Geplantes Defizit im Haushaltsjahr 2024 (das erste seit zwölf Jahren): 28 Mio. Euro. Kreditaufnahme 2024: 186 Mio. Euro. Verpflichtungsermächtigungen für Investitionen: 360 Mio. Euro. Voraussichtliche Gesamtverschuldung der Stadt Monheim und ihrer Beteiligungen im Jahr 2027: 1,3 Milliarden Euro. Davon Kernhaushalt 656 Mio., MVV-Konzern (u.a. Mega, BSM, Mona Mare, Wohnen, Einkaufszentren) 351 Mio., Kulturwerke GmbH 90 Mio. Euro. Bedenklich, so Linhart, auch die Entwicklung des Eigenkapitals der Stadt: „Nach einem moderaten Anstieg in den letzten Jahren wird es nun sinken, von 550 Mio. (2023) auf 398 Mio. Euro (2027).“
Dann hat Nina Richter das Wort. Die Kämmerin weist zunächst auf die allgemein bedrückende Lage der Kommunen in Deutschland hin. Mehr als 40 Prozent rechneten für 2024 mit einem Not-Haushalt, im Kreis Mettmann mindestens sechs der zehn Städte. Die Gründe unter anderem: Energiepreise, Inflation, Rezession. Dann stellt sie die Einnahmen und Ausgaben im Monheimer Haushalt dar. Mit Abstand der größte Posten auf der Eingangsseite laut Plan 2024: die Gewerbesteuer-Einnahmen in Höhe von 260 Mio. von insgesamt 361 Mio. Euro (2023: 270 von 364 Mio.). Die Struktur bei den Mittelabflüssen (insgesamt 310 Mio. Euro (2023: 301 Mio.) ist ausgeglichener. Größte Posten sind die Kreis-Umlage (125 Mio. (2023: 110 Mio.)), die Personalkosten (57 Mio. (50,6 Mio.)) und die Gewerbesteuer-Umlage (36 Mio. (38 Mio.)).
Die Erhöhung der Grundsteuer von 250 auf 282 Hebesatzpunkte verteidigt Richter mit einer Folie, die zeigt: Monheim darf von den Einnahmen deutlich weniger behalten als 2019 (37 bzw. 44 Prozent (2023/24) gegenüber 50 Prozent 2019). Allein wegen der Steuererhöhung bleibt absolut-nominal genau soviel im Stadtsäckel wie 2019.
Das Tableau der städtischen Investitionen von 2024 bis 2026 ist eindrucksvoll. 374 Mio. Euro sind es insgesamt, darunter Schulen 188 Mio., Verkehrsanlagen 93 Mio., Kanäle 32 Mio., Sportanlagen 25 Mio. Euro. Doch die Kämmerin räumt auch ein: Die Investitionen werden überwiegend auf Pump finanziert. Von 2022 bis 2027 wird sich das Kreditvolumen der Stadt laut Plan mehr als verzehnfachen: von 81 Mio. auf 922 Mio. Euro. Die Ausgleichsrücklage wird von 250 Mio. (2023) auf 64 Mio. Euro (2027) zusammenschrumpfen. Richter: „Wir haben noch einen ganz guten Stand. Die Stadt hat sich einen Puffer zugelegt, von dem sie jetzt leben kann in der sich etwas verschlechternden Situation. Vom Szenario Haushaltssicherungskonzept sind wir noch weit entfernt.“Die „allgemeine Krise“werde Monheim dank des Polsters „hoffentlich“überstehen.
In der anschließenden Frage- und Antwortrunde im „Pfannenhof“wird deutlich: Die Bürger sehen deutliche Risiken, die Kämmerin und ihr Finanzchef ziehen sich auf eine eher haushaltstechnische Argumentation zurück, hüten sich davor, die ihnen von der Peto-Ratsmehrheit vorgegebene Finanzarchitektur in Frage zu stellen.
Dies übernimmt statt dessen CDU-Chef Markus Gronauer. Von 360 Mio. Euro Ausgabevolumen 60 Mio. unter„Sonstiges“zu verbuchen – ein Luxus, den sich keine andere Stadt leiste. Krise? Welche Krise? Monheims Gewerbesteuer-Einnahmen seien bislang stabil, die Stadt habe vielmehr ein Ausgaben-Problem: von der„alles in allem“300 Mio. Euro teuren Kulturraffinerie K714 bis hin zu den 1,6 Mio. für städtische Feste (2024), doppelt so viel wie in den Jahren zuvor. Die Personalkosten – wegen der Zehn-ProzentTariferhöhung ein Problem für alle Kommunen, für Monheim aufgrund des massiven Stellenzuwachses jedoch ein besonderes.
Zweifel an der Stabilität der Monheimer Finanzarchitektur zeigen auch die Fragen aus dem Publikum. Zinsrisiko? Richter: Kommunen haben hier eine vergleichsweise sichere Bank. Wirtschaftlichkeit der Kulturraffinerie? Richter: Die K714 ist nicht in unserem Haushaltsplan enthalten. Investitionen, die kaum Einnahmen erzielen werden? Kämmerin und Finanzchef antworten haushaltstechnisch. Klumpenrisiken bei Gewerbesteuereinnahmen aufgrund ansässiger „Blockbuster“Unternehmen? Krämer: Klumpenrisiken kann keine Stadt vermeiden, wie sollte sie die Auswahl treffen? Investitionen abschmelzen, weil die Stadt Monheim doch inzwischen prächtig aufgemöbelt ist? Richter: „Grundsätzlich stimme ich Ihnen zu, aber bei uns gibt es eine solche Vielzahl an Investitionen – ich kann mir schwer vorstellen, dass das absinkt.“
Auch hier ist es an Gronauer, den Part des Skeptikers zu übernehmen: „Die MonheimerWohnen ist die einzige Stadttochter, die Einnahmen zu erzielen verspricht“. Bei fast allen anderen, Mona Mare, BSM etc., würden die Investitionen nicht die Einnahmenseite stabilisieren. Als eklatantes Beispiel nennt der CDU-Chef die Kulturwerke: „Der Zuschuss – zwischen 11,5 und 16 Millionen Euro jährlich – soll nach der Eröffnung der Kulturraffinerie sogar noch steigen.“Zustimmendes Kopfschütteln im Publikum. Einer meint: „Ein Fass ohne Boden!“
Wenn es ganz dicke für Monheim kommt, dann ergibt sich laut Gronauer in den nächsten Jahren neben der Ausgaben- noch EinnahmenNot. „Der Druck auf den Gesetzgeber steigt, bei der Gewerbesteuer die Umlagebasis zu ändern“, sagt er mit Blick auf den Unmut etwa von Dormagen über Monheimer Steuereinnahmen, die die Bayer-Stadt aufgrund des Produktionsstandorts für sich selbst reklamiert. „Sollte es hier zu einer Änderung kommen, dann haben wir – wegen der hohen Ausgaben, die wir angezettelt haben – ein zusätzliches Problem.“