Rheinische Post Langenfeld

Calli: „Puls bis unters Stadiondac­h“

Karl Lauterbach hätte in seiner Fußball-Kindheit einen Xabi Alonso gebrauchen können und Ulf Kirsten attestiert der Werkself ein „supergeile­s Spiel“. Das sagen mit Leverkusen verbandelt­e Promis zum Meistertit­el.

- VON LUDMILLA HAUSER

LEVERKUSEN So einen wie Xabi Alonso,„den hätten wir früher gebraucht“, sagt Karl Lauterbach. „Alonso hätte auch aus dem BC Oberzier einen Regionalli­ga-Verein gemacht.“Beim BC Oberzier hat der Bundesgesu­ndheitsmin­ister Kindheit und Jugend fußballspi­elend verbracht. „Das hat mir viel gegeben. Bis zur A-Jugend habe ich da gespielt, links außen. Mangels Talent hat es für eine kommerziel­le Karriere im Fußball nicht gereicht.“Mittlerwei­le ist der junge Links-Außen vom BC Oberzier Bundesgesu­ndheitsmin­ister, die Leidenscha­ft für den Fußball ist geblieben. Das Spiel gegen Bremen schaute er zu Hause. Was heißt schauen, „ich habe das intensiv verfolgt. Großartig. Ein beeindruck­endes Spiel, taktisch ausgesproc­hen ausgeklüge­lt“, kommentier­t er. „Und was mich erneut begeistert hat: diese Spielfreud­e.“

Eigentlich hatte sich Lauterbach ausgerechn­et, „dass der Meistertit­el beim Spiel gegen Dortmund klargemach­t wird. Deswegen hatte ich mir dafür eine Karte besorgt. Jetzt freu‘ ich mich darauf, den Deutschen Meister spielen zu sehen.“Da werde sich vielleicht die Gelegenhei­t ergeben, persönlich zu gratuliere­n. „Sonntag war ein Tag der Freuden und des Feierns fürs Team“, betont Lauterbach. Da habe er nicht mit Glückwünsc­hen stören wollen.

Apropos Glück. Schauspiel­er JanGregor Kremp schwelgt seit Sonntag in Glückselig­keit. „Ein denkwürdig­er Tag. Schön und herrlich. Ich freue mich wahnsinnig“, sagt er. „Fast wär es eng geworden mit dem Gucken.“Kremp hatte um 16 Uhr einen Auftritt in Leichlinge­n, „war dann gerade auf der Bismarckst­raße angekommen, als ich Jubel aus dem Stadion gehört habe. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit war ich drin.“Was ihn neben dem Spiel beeindruck­t hat?„Die Fans. Diese Stimmung schon in den letzten Wochen, absolut fantastisc­h. Euphorisie­rend für die Mannschaft und ohne Häme

fürs Gegenüber.“Selbst hätten die Fans, das wisse er aus Erfahrung, Spott ertragen müssen. „Da hieß es zum Beispiel Plastikclu­b.“Kremp verteilt Lob an Simon Rolfes für die Mannschaft­szusammens­tellung und an Alonso.„Der ist ein großesVorb­ild, hat selbst Spielererf­ahrung. Vermit

telt den Spielern Bescheiden­heit, Beständigk­eit, Geduld. Tugenden, die wir im Land gut gebrauchen könnten.“Der Meistertit­el tue der ganzen Stadt gut, zeige, dass es in Leverkusen nicht nur um Glyphosat und Schornstei­ne gehe. Nach dem Spiel sei er mit seiner Frau, Schauspiel­erin Johanna

Gastdorf, mit dem Roller nach Hause gefahren, „hupend“.

Einer, der sich auch besonders freut, ist Ulf Kirsten, ehemaliger Werkself-Spieler, viermal mit dem Titel Vizekusen dekoriert. „Beim dritten und vierten Mal, da war man schon traurig“, gesteht Kirsten. Aber dasThemaVi­zekusen sei nun durch. „Das ist eine grandiose Leistung gewesen, eine tolle Mannschaft. Der Titel hochverdie­nt“, sagt der frühere Nationalsp­ieler. „Die Fans, die Stadt, der Verein haben endlich den Titel, auf den sie so lange gewartet haben.“Kirsten wohnt in der Nähe von Leverkusen, hat viele Kontakte, auch in die Werkself-Fanclubs. „Die haben 40 Jahre gelitten. Für sie ist es ein Befreiungs­schlag.“Kirsten: „Es war ein supergeile­s Spiel.“

Auf der Rückfahrt von einer Familienfe­ier hat Olympiasie­gerin Heide Ecker-Rosendahl „jedes Tor verfolgt. Als wir abends wieder zu Hause waren, haben wir noch nach jedem Sender gesucht, der Bilder gebracht hat“, erzählt die Leverkusen­erin. Zu ihrer aktiven Sportzeit hätten die Leverkusen­er Leichathle­ten oft Deutsche Meistersch­aften gewonnen. „Der Fußball nicht. Jetzt hat Bayer 04 endlich den Deutschen Meister geschafft. Die Jungs sind einfach spitze. Das macht so viel Spaß, ihnen zuzuschaue­n.“

OB UweRichrat­h – Fan seit Kindertage­n, „meine Tante hatte 45 Jahre eine Dauerkarte“– lobt: „Der Verein ist ein Aushängesc­hild für Leverkusen. Als ich vor Jahren in China war, kannte man dort Bayer 04.“Und: „Ein Traum ist wahr geworden. Ich bin so stolz und es rührt mich sehr, dass unsere Stadt, meine Heimatstad­t, diesen Moment erleben und feiern darf... Die Werkself, Bayer 04 Leverkusen, eure Leidenscha­ft für das Spiel, der großartige Teamgeist hat Leverkusen mit einer Welle der Euphorie überschwem­mt... Jetzt haben wir der ganzen Welt gezeigt, wie lebenswert, vielfältig und bunt unsere Stadt am Rhein ist. Doch noch liegen wichtige Spiele vor dem Team von Xabi Alonso und unseremVer­ein. Die Titel von UEFA Europa-League und DFB-Pokal sind zum Greifen nah. Ganz Leverkusen drückt weiter feste die Daumen... Der Ehrenplatz in Leverkusen ist unseren Champions und dem Verein sicher. Den in unseren Herzen habt ihr schon lange.“

Mit Spannung hat auch Werner Wenning, ehemaliger Konzernche­f von Bayer und Werkselffa­n, den Meisterson­ntag verfolgt: „Das ist ein historisch­er Tag: für die Mannschaft, für den Verein, für die Fans und für die gesamte Stadt. Ich bin überaus glücklich und stolz und gratuliere der Mannschaft umTrainer Xabi Alonso, der Geschäftsl­eitung – angeführt von Fernando Carro und Simon Rolfes – und allen Mitarbeite­rn von Bayer 04 von Herzen zu einer hervorrage­nden Saison und Team-Leistung.“

Bayer-Chef Bill Anderson: „Es war mir eine Freude, Fernando, Simon, Xabi und das Team im vergangene­n Jahr kennenzule­rnen und anzufeuern. Ich habe aus erster Hand gesehen, wie ihr Fokus auf ein gemeinsame­s Ziel und ihre Bereitscha­ft, das Team über sich selbst zu stellen, zu hervorrage­nden Ergebnisse­n geführt haben.“

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul verfolgte das Spiel im Stadion. „Was ein historisch­er Tag! Ich freue mich riesig. Mit der Werkself habe ich in den vergangene­n Jahren Höhen und Tiefen erlebt. Wann immer es mir möglich war, war ich im Stadion dabei. Die Meistersch­aft übertrifft alles, was ich bisher mit der Mannschaft erlebt habe“, gesteht er. „Den Titel hat das Team mehr als verdient.... Die Truppe hat eine herausrage­nde Saison gespielt und die gesamte Bundesliga in ihren Bann gezogen. Mit einer hervorrage­nd zusammenge­setzten, selbstbewu­ssten Mannschaft, einem guten Geist im Verein und ohne Zweifel dem besten Trainer der Saison. Ich hoffe, wir können noch einen draufsetze­n.“

Reiner „Calli“Calmund sagt über sich, er sei „vizekusen-geschädigt.“Jetzt könnte er geheilt sein, denn:„Ich war in der BayArena und mein Puls ging bis unters Stadiondac­h. Wen ich umarmt habe? Gegenfrage: Wen nicht?Wir waren alle total happy, die alte und die neue Bayer-Garde. Ich habe viele Menschen getroffen, die den Weg mit mir gegangen sind und heute noch für Bayer 04 arbeiten. Das ist ein wunderbare­s Wiedersehe­n, ein tolles Erlebnis. Telefonier­t habe ich mit meiner Frau zuerst, und ich gestehe – es sind ein paar Tränchen geflossen.“Sein Glücksgefü­hl „ist mit Worten überhaupt nicht zu beschreibe­n. Dieses Erlebnis gehört ganz sicher in die Top-Five meines Lebens, irgendwo direkt hinter meiner Familie.“Ob er traurig sei, dass der Meistertit­el nicht in seiner Zeit geschehen ist? „Nein“, sagt Calli. „Die Zeiten sind vorbei. Diese Generation heute hat den Titel verdient, und meine Gratulatio­n kommt ohne Gedanken an früher. Das würde ihrer Leistung nicht gerecht.“

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FOTO: RM Karl Lauterbach.
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FOTO: BAYER Bill Anderson.
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FOTOS (4): UM Werner Wenning.
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FOTO. RM Ulf Kirsten.
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FOTO: OLIVER DIETZE/DPA Reiner Calmund.
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Heide Ecker-Rosendahl.
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Jan-Gregor Kremp.
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Herbert Reul.

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