Die Lemper verführt ins Berlin der 1920er
Wenn sie auftritt, macht sie die Bühne zu ihrer: So auch im Erholungshaus, in dem Ute Lemper auftrat.
Ein Hauch von Nostalgie und Glanz erfüllte am Mittwochabend den ausverkauften Konzertsaal des Erholungshauses, als Ute Lemper einen musikalischen Ausflug in eine längst vergangene Ära unternahm. Unter der Überschrift „Berliner Lichter“ließ die 61-jährige Musicaldarstellerin, Chansonsängerin und Schauspielerin den Geist dieser pulsierenden Epoche glamourös wiederauferstehen. Mit viel Feingefühl und virtuosem Spiel erwies sich das WDR-Funkhausorchester unter der Leitung von Enrico Delamboye als perfekte Begleitung.
Die musikalischen Vorträge spannten einen weiten musikalischen Bogen durch die deutsche Geschichte. Es begann mit den melancholischen Werken ihres Lieblingskomponisten KurtWeill, dessen Songs aus der Dreigroschenoper mit anderen Liedern die politischen und sozialen Untertöne jener Zeit widerspiegelten. Es ging weiter mit der vibrierenden jüdischen Musikszene im Berlin der 1920er Jahre von Paul Abraham bis zu den leidenschaftlichen Kompositionen und bissigen Polit-Songs von Hanns Eisler.
Die Besucher des „stART-Festivals“waren begeistert, als bekannte Melodien wie etwa„Schöner Gigolo, armer Gigolo“(Leonello Castucci) und „Lili Marlen“(Norbert Schultze) erklangen. Für die ergreifende Interpretation von „Meckie Messer“aus der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht gab es viel Beifall.
Lemper glänzte aber auch mit weniger bekannten Werken wie „Münchhausen“(Friedrich Holländer) oder „Alles Schwindel“(Mischa Spoliansky). Sie sang in Englisch, Französisch und Jiddisch wie beispielsweise bei Margarit Kelech (Victor Ullman). Lempers Sinn für Humor wurde deutlich, als sie den musikalischen Leiter zum Titel „Raus mit den Männern“(Friedrich Holländer) spaßeshalber ganz kurz von seinem Dirigentenpult verscheuchte. Im Grunde erzählte Ute Lemper, die entschlossen im langen, roten Kleid und Schuhen mit hohen Absätzen auf die Bühne trat, mit ihren Liedern eine Geschichte.
Zwischen den musikalischen Darbietungen schilderte die Grande Dame kurz Anekdoten und historische Einzelheiten, die den Zuhörern halfen, die Zeit der Weimarer Republik und ihre kulturellen Besonderheiten besser zu verstehen. Dabei sprach sie ausdrucksstark, fast schon beschwörend, hatte ihren Blick in die Ferne gerichtet.
Die Interpretationen des Weltstars aus Deutschland, die seit 1998 in New York lebt, brachten die Nuancen der einzelnen Stücke hervorragend zur Geltung. Ihre Stimme, mal kraftvoll, mal zart, erwies sich als ideales Instrument, um die Emotionalität und die sozialkritischen Aspekte der Lieder zu transportieren.