Rheinische Post Langenfeld

NRW gerät unter massiven Spardruck

Der Finanzmini­ster rechnet mit deutlich sinkenden Steuereinn­ahmen, die schon im Haushalt 2024 zu Buche schlagen. Der Steuerzahl­erbund warnt davor, die Schuldenbr­emse anzutasten. Die Opposition fordert Aufklärung von Hendrik Wüst.

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Die schwarz-grüne Landesregi­erung kämpft mit wachsenden Problemen beim Etat für das laufende Jahr. Finanzmini­ster Marcus Optendrenk (CDU) sagte am Montag bei einem Pressegesp­räch: „Wir gehen davon aus, dass sich die abgeschwäc­hte Konjunktur in den Daten der Steuerschä­tzung wiederfind­en wird.“Wie stark, könne man im Moment nicht abschätzen, fügte Optendrenk hinzu: „Wir bereiten uns aber darauf vor, dass wir damit sowohl für den Haushaltsv­ollzug 2024 als auch für die Haushaltsa­ufstellung 2025 umgehen müssen.“

Auf die Frage, ob das eine Haushaltss­perre bedeute, sagte Optendrenk, eine solche Maßnahme sei derzeit nicht geplant, weil sie kein geeignetes Mittel sei, Sparsamkei­t im normalen Haushaltsv­ollzug zu fördern, und weil sie in der aktuellen Lage nicht angezeigt sei.

Optendrenk hatte die Ministerie­n bereits Ende 2023, also kurz vor Verabschie­dung des Haushalts, zum

Sparen angehalten: „Vor dem Hintergrun­d der aktuellen Haushaltsl­age und der zukünftige­n Haushaltse­ntwicklung ist ein strenger und sparsamer Umgang mit den Haushaltsm­itteln geboten“, hieß es in einem Erlass, der am 19. Dezember an die Ministerie­n versandt wurde.

Nun mehren sich die Hinweise, dass die Ressorts mit dem Geld nicht auskommen. So muss im Innenminis­terium massiv gekürzt werden – zehn Prozent sollen alle Stellen beisteuern. Die zuständige Referatsle­iterin deutete bereits an, dass, selbst wenn das Finanzmini­sterium Geld nachschieß­e, fraglich sei, ob der Etatplan gehalten werden könne. Ein Indiz war auch das überrasche­nde Aus für ein Aufforstun­gsprogramm im März im Landwirtsc­haftsminis­terium.

Optendrenk selbst hatte jüngst in der „Westdeutsc­hen Zeitung“angedeutet, notfalls von der Konjunktur­komponente der Schuldenbr­emse Gebrauch zu machen. Diese Komponente werde „nach bestimmten volkswirts­chaftliche­n

Gesichtspu­nkten berechnet“: „Da müssen wir uns schon fragen: Sind die noch richtig justiert? Ich bin an der Stelle nicht dogmatisch.“

Der Bund der Steuerzahl­er warnt. Landesvors­itzender Rik Steinheuer sagte unserer Redaktion: „Insbesonde­re bei der angespannt­en Haushaltsl­age gilt: keine Gedankensp­iele zum Aufweichen der Schuldenbr­emse anstellen, sondern jede

Einsparmög­lichkeit ausschöpfe­n.“Die Kürzungen im Innenminis­terium seien „Selbstvers­tändlichke­iten“und sollten von allen Ministerie­n beachtet werden. „Haushaltsk­onsolidier­ung ist durch effiziente­re Aufstellun­g der Verwaltung und das Streichen bürokratis­cher Förderprog­ramme möglich“, so Steinheuer.

Die Opposition ist alarmiert und hat deshalb für Freitag eine aktuelle Stunde im Landtag beantragt. SPDFraktio­nschef Jochen Ott sprach von „sehr bedenklich­en Entwicklun­gen“. Wenn tatsächlic­h staatliche Leistungen auf dem Prüfstand stünden, müsse der Landtag umgehend informiert werden. „Es kann nicht sein, dass die Landesregi­erung hinter dem Rücken des Haushaltsg­esetzgeber­s eine intranspar­ente Finanzpoli­tik betreibt. Ich erwarte von Hendrik Wüst, dass er hierzu gegenüber dem Parlament Stellung bezieht.“Ott warnte, wenn der NRW-Finanzmini­ster bereits so früh zu solchen Maßnahmen greifen müsse, dann sei am Ende des Geldes noch sehr viel Jahr übrig.

Bei den Kommunen wächst die Befürchtun­g, dass das Land in Sachen Altschulde­nlösung wortbrüchi­g wird. Schwarz-Grün hatte im Koalitions­vertrag verabredet, sollte der Bund bei einer Lösung nicht mitmachen, werde man selbst eine herstellen. Das Bündnis „Für die Würde unserer Städte“erklärte am Montag, es sei bisher nicht zu erkennen,„dass es eine wirksame, das Problem lösende Altschulde­nregelung gibt. Dabei wäre der Schritt für das Land ein vertrauter: Es müsste einen jährlichen Beitrag von 350 bis 500 Millionen Euro einplanen“.

Zugleich habe das Land dadurch die Chance, seine Kommunen von rund zehn Milliarden Euro Schulden zu befreien. „So hoch ist der Anteil, den der Bund übernehmen würde. In den Städten und Kreisen entstünden damit endlich Möglichkei­ten, um lange aufgeschob­ene Sanierunge­n von Straßen und Gebäuden anzugehen, in Kitas und Schulen sowie in Klimaschut­z und Digitalisi­erung zu investiere­n“, erklärte das Bündnis.

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