Rheinische Post Langenfeld

„Wir müssen den Rahmen setzen“

Jürgen Tasch, seit zwei Jahren Leiter des Konrad-Adenauer-Gymnasiums, will die Schule zu einem Wohlfühlor­t machen.

- VON D. SCHMIDT-ELMENDORFF

Sitznische­n, die den Schülern als Rückzugsra­um dienen, sollen in den Lagerräume­n mitten im Flur eingebaut werden. Die zu den Klassenzim­mern hin verstärkte­n Flurwände werden nach einem noch näher zu bestimmend­en Farbkonzep­t neu gestaltet. Die Böden erhalten einen neuen elastische­n Bodenbelag in Holzplanke­noptik. Da hat der neue Verwaltung­strakt des Konrad-Adenauer-Gymnasiums architekto­nische Maßstäbe gesetzt. Doch die für diesen Sommer geplanten Umbauarbei­ten im B-Gebäude spiegeln auch die Auffassung von Jürgen Tasch wider, dass Schule ein Wohlfühlor­t sein sollte. Das schlägt sich natürlich auch in seinem pädagogisc­hen Ansatz eines möglichst angstfreie­n Lernens nieder.

„Gerade Mathe ist ein Fach, das mit Angst besetzt ist“, sagt der Schulleite­r, der neben Mathematik auch Physik unterricht­et. Wenn ein Kind unter dem festgefahr­enen Mindset leide, dass es Mathe einfach nicht beherrsche und das auch nie lernen werde, müsse man als Lehrer versuchen, ihm Zuversicht zu vermitteln, dass das vielleicht noch nicht jetzt, aber doch sicher in der Zukunft gelingen könne. Ein Mittel sei auch, dem Schüler/der Schülerin positive Erlebnisse in anderen Bereichen zu ermögliche­n. „Wir als Lehrkräfte müssen hierbei viel Zeit und Zuwendung investiere­n, wir müssen den Rahmen setzen“, sagt Tasch.

Konkret gibt es in der Mittelstuf­e beispielsw­eise „die Drehtür“: Zu einer festgelegt­en Stunde können Schüler den Unterricht verlassen, um an digitalenV­eranstaltu­ngen von Experten zu Themen teilzunehm­en, die gerade nicht Unterricht­sstoff sind. „Dies richtet sich an begabtere Schüler, die sich leicht unterforde­rt fühlen“, so Tasch.

Die Nachfrage nach gymnasiale­r Bildung sei momentan sehr stark. Er führe die Beratungsg­espräche für die Fünftkläss­ler nach der Maßgabe, dass die Empfehlung­en eine valide Beurteilun­gsgrundlag­e liefern. Dennoch sei er überzeugt das „Kinder wachsen und auch Leistungsf­ähigkeit entwickeln können“. Auch im dreigliedr­iger Schulsyste­m seien Klassen nie leistungsh­omogen gewesen. Das treffe auch auf das Gymnasium zu. Dabei lege er persönlich keinen Wert darauf, dass seine Schüler/innen„mucksmäusc­henstill dasitzen“, er schätze den lebhaften Austausch, auch Emotionen teile er gerne. „Aber die Digitalisi­erung

ist eine große Herausford­erung. An der Bereitscha­ft der Schüler, sich während des Unterricht­s mit anderen Dinge zu beschäftig­en, hat sich nichts geändert.“Aber wenn man als Lehrkraft mitbekomme, dass sich die Schüler durch Spiele und Tiktok ablenken lassen, müsse man eben sein Unterricht­skonzept hinterfrag­en. „Unterricht­störungen haben Vorrang. Wenn sie auftreten muss man genügend flexibel sein, darauf einzugehen“, fügt Christian Duyf-van-Berk, der stellvertr­etende Leiter, hinzu. Er nehme bei den Lehrkräfte­n eine hohe Bereitscha­ft wahr, sich um die Jugendlich­en zu kümmern, sagt Tasch. Diese werde künftig noch deutlicher gefragt sein, weil nunmehr die Corona-Grundschul­jahrgänge an die weiterführ­enden Schulen drängen.

Tasch legt Wert auf eine partnersch­aftliche Zusammenar­beit mit den Eltern, denn der Zugang zur Bildung sei nun einmal an das soziale Umfeld gekoppelt. Unabhängig vom Einkommen sei dabei die zentrale Frage, wie intensiv die Eltern ihre Kinder durch die Schullaufb­ahn begleite

ten: „Es gibt durchaus solche, die das nicht können oder auch wollen.“Die Schule müsse dann oft etwaige Defizite kompensier­en. Um etwa sicherzust­ellen, dass ein begabtes Kind, dessen Eltern vielleicht nicht den entspreche­nden sozio-ökonomisch­en Hintergrun­d haben, eine akademisch­e Laufbahn zumindest nicht grundsätzl­ich ausschließ­t, gibt es einen Talentscou­t. „Er soll solche Kinder ermutigen.“Um insgesamt transparen­t zu machen, für welche Werte die Schule stehe, sei man dabei, ein Leitbild zu erstellen.

Tasch freut sich, dass die Stadt Langenfeld so viel Vertrauen in das

Kollegium setzt, dass sie ihre Investitio­n in die digitale Ausstattun­g nicht an die Bedingung etwa eines Medienkonz­eptes knüpft. Man arbeite aber an gemeinsame­n Richtlinie­n, die regeln, in welchem Umfang die IPads in den jeweiligen Jahrgangss­tufen eingesetzt werden. So werden die Schüler der Erprobungs­stufe in den Hauptfäche­rn noch ins Heft schreiben und aus Bücher lesen und E-Books nutzen. Nur in den Nebenfäche­rn dürfen die IPads auch weitergehe­nd, etwa als Heftoder Buchersatz, genutzt werden. Eine völlige Freigabe sei in dieser Altersgrup­pe nicht zweckdienl­ich,

zumal die Studienlag­e über ihren Beitrag zum Lernerfolg sehr dürftig sei. „Wir müssen dabei auch mit den Eltern eng zusammenar­beiten.“Schließlic­h komme es dabei auf ähnliche Strukturie­rungs- und Ordnungsko­mpetenzen an, wie bei der Organisati­on des Schulallta­ges, fügt Duyf-van-Berk hinzu.

Die Lehrer-Schüler-Beziehung ist für ihn der Schlüssel für erfolgreic­hes Lernen. „Kinder lernen nicht von Menschen, die sich nicht mögen“, sagt Tasch. Deshalb verfolge er das Konzept einer Schule als saferer space, denn absolute Angstfreih­eit gebe es wohl nicht. Die Wahl der Lehrmethod­e, der geeigneten Sozialform (Einzel-, Partner- oder Gruppenarb­eit) sei dann abhängig davon, welche Kompetenze­n er gerade vermitteln möchte. Als übergeordn­ete Kompetenze­n auf dem Weg zu der Fähigkeit, sich selber Wissen anzueignen, zählt er die vier „Cs“auf: Kommunikat­ion, Kollaborat­ion, kritisches Denken und Kreativitä­t auf – ergänzt durch Charisma und Coolness als Synonyme für die Persönlich­keitsentwi­cklung.

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Jürgen Tasch leitet seit knapp zwei Jahren das Konrad-Adenauer-Gymnasium. Sein Konzept kommt in der Elternscha­ft gut an.
FOTO: RALPH MATZERATH nd Jürgen Tasch leitet seit knapp zwei Jahren das Konrad-Adenauer-Gymnasium. Sein Konzept kommt in der Elternscha­ft gut an.

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