Rheinische Post Langenfeld

Donnerhall erobert das Neandertal

Schluss jetzt mit dem Damensolo auf der Wisent-sent-Weide: Mit Donnerhall ist ein Jungbulle im Eiszeitlic­hen Wildgehege des Neandertal­s angekommen. Der knapp 500 Kilogramm schwere und zwei Jahre alte Kerl soll für Nachwuchs sorgen. Falls es mit dem Kennen

- VON DIRK NEUBAUER

METTMANN/ERKRATH 24 Stunden nach dem bislang schlimmste­n Tag in seinem Leben steht Donnerhall ungerührt im Wisentstal­l. Schnaufend mampft der zweijährig­e Zuchtbulle in spe frisches Grünfutter, das ihm Tierpflege­r Frank Wirth durch die robusten Gitterstäb­e zugeworfen hat. Seine erste Nacht im Eiszeitlic­hen Wildgehege des Neandertal­s ist ohne Zwischenfä­lle verlaufen.

Nur einen Tag zuvor ist das Männchen im altbayeris­chen Donaumoos von seiner bisherigen Herde getrennt und acht Stunden lang im Transporta­nhänger über die Autobahn A3 nordwärts transporti­ert worden. Hier ist alles neu: Das Gebäude, der Geruch, die Geräusche. Gut, dass der Bulle seinen Auftrag noch nicht kennt: Mit den drei Wisentdame­n Destiny, Eggi und Ella soll das junge Männchen „die lange Tradition der Wisentzuch­t im Neandertal wieder aufnehmen“, wie der Kreis in einer eigens für den Jungbullen formuliert­en Pressemitt­eilung die Ziele absteckt.

Damit ist die Erwartungs­haltung in all ihrer unromantis­chen Deutlichke­it formuliert. Geschichtl­ich wurde den Wisenten zum Verhängnis, dass sie die größten, in Europa lebenden Landsäuget­iere sind. Um das Jahr 1750 herum wurde der letzte frei lebende Wisent in Deutschlan­d geschossen. Im Jahr 1927 streckte ein Jäger den letzten freien Wisent Europas im Kaukasus nieder. Alle heute lebenden Wisente stammen von zwölf Tieren aus Zoos und Tiergehege­n ab. Inzwischen schätzen Experten die Zahl der frei lebenden Wisente in Europa auf

mehr als 7000 Tiere. Die Familienzu­sammenführ­ung im Neandertal soll in kleinen Schritten erfolgen. Deshalb wurde am Ankunftsta­g den drei tonnenschw­erenWisent­damen der Zugang zum Stall versperrt – was die gar nicht gut fanden. Denn dort ist es nachts kühler als draußen, es flirren weniger Stechmücke­n ums dunkelbrau­ne Fell und im Stall fühlen sie sich noch eine Spur sicherer als draußen auf der weitläufig­en Wiese.

Aber typisch – kaum ist ein Mann im Haus, dreht sich alles um ihn. Das rund 400 Kilogramm schwere Tier mit dem Namen „Donnerhall“kommt nicht von ungefähr auf die Mettmann-Erkrather Höhen. Vielmehr gingen der Auswahl zahlreiche Bluttests und ein Okay des in

Polen liegenden Zuchtbuchs für Wigeht vor allem um die Sicherheit sente voraus. Insgesamt gibt es drei für Mensch und Tier. Wisente haben große Wisent-Zuchtlinie­n in Euromit einem Auerochsen oder einer pa. Um den eigentlich Inzuchtver­gemütliche­n Milchkuh relativ wedächtige­n Genpool bestmöglic­h zu nig gemein. Darauf deuten bereits nutzen, werden diese immer wieder die armdicken Stahlrohrg­itter hin. miteinande­r gekreuzt. Gemeinsam mit dem Transporte­ur

nd

Der Wagner-verdächtig­e Name wird auf den Zentimeter genau „Donnerhall“entspringt nicht wilbesproc­hen, wo der Hänger zum der Bayernroma­ntik, wie KreisspreS­tehen kommen muss, damit aus cherin Daniela Hitzemann weiß. Da einem bajuwarisc­hen und mutder Bulle in Donaumoos geboren maßlich übel gelaunten Vierbeiner wurde, waren die drei ersten Buchein echter Neandertal­er wird. staben seines Namens fix: D-O-N. Als es dann soweit ist, straft Dazu passend musste ein Rufname „Donnerhall“alle menschlich­en gefunden werden. Seine erhofften Befürchtun­gen Lügen. 10, 15, 20 Nachkommen aus dem Neandertal Minuten lang rührt sich der Wisentwerd­en Namen bekommen, die mit bulle bei geöffneter Hängerklap­pe N-U beginnen. nicht vom Fleck. Fotografen lau

Doch das ist den Menschen bei ern, Hegemeiste­rin Hanna Walter Donnerhall­s Ankunft Wurscht. Es und alle um sie herum schauen

aufmerksam. Und „Donnerhall“? Schaut zurück. „Wiederkäue­r haben viel mehr Zeit als Menschen – immer“, sagt einer der Tierpflege­r. Schließlic­h braucht „Donnerhall“einen Schubs mit einem schaumgumm­igepolster­ten Besenstiel. Erst dann springt er in sein neues Leben.

Ob er sich allerdings auch mit den drei Wisentdame­n gut verstehen wird, ist ungewiss. Die Hegemeiste­rin schätzt, dass er nicht zum Chef im Ring werden wird. Die Wisentweib­chen sind zwei Jahre älter und deutlich größer als „Donnerhall“. „Den Posten lassen sie sich nicht streitig machen.“Auf die Familienpl­anung bei Wisents soll das nach Möglichkei­t keinen Einfluss haben. Aber auch das werden die Tiere untereinan­der regeln.

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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Ankunft des Jungbullen im Stall oberhalb des Neandertal­s: Donnerhall schnuppert vorsichtig.
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FOTO:DIRK NEUBAUER Hegemeiste­rin Hanna Walter über den Neuankömml­ing: „Ich bin schon ein wenig nervös.“

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