Rheinische Post Langenfeld

Geballte Kompetenz

Neben Konrad Adenauer und Theodor Heuss wirkten viele weitere namhafte Frauen und Männer am Grundgeset­z in Bonn mit.

- VON HELGE MATTHIESEN

ARatAlRsaA­ls sich st i1ch94 1948 der d8e aruPf auf Parlamenta­rische adrelanm den Weengta Weg mrisacchhe machte,te, das Grundgeset­z zu beraten, fanden sich dafür 65 Frauen und Männer in der Pädagogisc­hen Akademie in Bonn zusammen. Als Teilnehmer in Erinnerung bleiben vor allem Konrad Adenauer,Theodor Heuss oder Carlo Schmid. Doch auch viele Politiker, deren Namen heute nur wenige kennen, waren in entscheide­nden Momenten der Verfassung­sgebung wichtig.Vier Beispiele.

Max Brauer Er war der Mann, der den Begriff „Grundgeset­z“ins Spiel brachte und damit eine wichtige Hürde abräumte. Hamburgs Erster Bürgermeis­ter war Sozialdemo­krat mit einer heute kaum noch vorstellba­ren Biografie. 1887 als achtes von 13 Kindern in die Familie eines Glasbläser­s in Altona-Ottensen geboren, begriff er schon als Kind, dass Aufstieg aus Armut nur durch Bildung und Lesen gelingen würde. Brauer wurde Glasbläser, Gewerkscha­fter, nach 1918 Kommunalpo­litiker im damals selbststän­digen Altona. 1924 schließlic­h wählte man ihn zum Oberbürger­meister Altonas, nach dem Krieg zum Ersten Bürgermeis­ter von Hamburg.

Der Norddeutsc­he war dabei, als die Ministerpr­äsidenten im Juli 1948 im Hotel Ritterstur­z bei Koblenz darüber berieten, wie sie mit dem Angebot der Besatzungs­mächte um

gehen sollten, einen westdeutsc­hen Teilstaat zu gründen. Die Westalliie­rten wollten eine Verfassung. Brauer brachte den Begriff „Grundgeset­z“ins Spiel, der die Gespräche fortan prägte. DasWort war nicht neu, kam in denVerfass­ungen der Bundesländ­er bereits vor. Nun wirkte es wie ein Türöffner. Nach langem Hin und Her akzeptiert­en die Militärgou­verneure dasWort und ließen auch den Begriff „Parlamenta­rischer Rat“zu.

Friedrich Wilhelm Wagner Er vertrat die SPD und Rheinland-Pfalz im Parlamenta­rischen Rat. 1894 in Ludwigshaf­en in einer Arbeiterfa­milie geboren, studierte Wagner Jura, wurde Anwalt und war als engagierte­r Sozialdemo­krat ab 1930 als Reichstags­abgeordnet­er tief in die politische­n Kämpfe der Weimarer Republik in seiner Heimatstad­t verstrickt. Die Nazis hassten ihn, weil er als Anwalt eine Gefängniss­trafe

gegen ihren Gauleiter Robert Ley erwirkt hatte. 1933 musste Wagner unter dramatisch­en Umständen fliehen und ging über Frankreich ins Exil in die USA. 1947 kehrte er zurück, wurde Abgeordnet­er im neuen Land Rheinland-Pfalz und arbeitete wieder als Anwalt. Er war es, der maßgeblich einen damals unpopuläre­n Satz im Grundgeset­z unterbrach­te: „Die Todesstraf­e ist abgeschaff­t“, heißt es im Artikel 102 – 70 Prozent der Deutschen wollten die Hinrichtun­g als Strafe erhalten. Wagner war seiner Zeit weit voraus und zog eine klare Konsequenz aus den Justizmord­en des Nationalso­zialismus.

Helene Weber

Sie saß im Präsidium des Parlamenta­rischen Rates. Sie war 1881 in Wuppertal zur Welt gekommen und hatte schon der Weimarer Nationalve­rsammlung angehört. Sie prägte einen Satz, der bis heute nachhallt: „Der reine Männerstaa­t ist das Verderben der Völker.“Nach zwei Kriegen gab es dazu kaum mehr Widerspruc­h. Sie war Lehrerin, hatte in der Weimarer Republik als Landtags- und Reichstags­abgeordnet­e Karriere gemacht und im Preußische­n Wohlfahrts­ministeriu­m als erste Frau überhaupt die Position einer Ministeria­lrätin erreicht. Die NS-Zeit überstand sie nach ihrer Entlassung als freieWohlf­ahrtspfleg­erin.

Weber kam ursprüngli­ch aus der Zentrumspa­rtei, war jedoch wie Adenauer der neuen CDU beigetrete­n und vertrat Nordrhein-Westfalen im Parlamenta­rischen Rat. Sie war Schriftfüh­rerin im Präsidium und eine enge Vertraute von Adenauer. Weber blieb bis zu ihrem Tod 1962 im Bundestag, war Vorsitzend­e des Müttergene­sungswerks und des Vorläufers der Frauenunio­n. Sie blieb engeVertra­ute Adenauers, den sie 1961 bewegen konnte, mit Elisabeth Schwarzhau­pt eine erste Frau zur Ministerin zu machen.

Karl Arnold Es war seit 1947 Ministerpr­äsident von Nordrhein-Westfalen und zog im Hintergrun­d viele Fäden, die für die kommende Bundesrepu­blik Bedeutung bekamen. 1901 in einem Dorf in Württember­g geboren, lernte er das Schuhmache­rhandwerk und machte rasch Karriere in der christlich­en Arbeiterbe­wegung und als Zentrums-Politiker. Arnold verstand sich als christlich­er Sozialist – und war das Gegenstück zum wesentlich älteren Adenauer.

Arnold gehörte nach dem Krieg zu den Mitgründer­n der Einheitsge­werkschaft DGB und der neuen, überkonfes­sionellen CDU. In seinem Kabinett in Düsseldorf saßen bis April 1948 zwei Kommuniste­n. Adenauer war Fraktionsc­hef der CDU im Düsseldorf­er Landtag.Walter Menzel von der SPD war einer der Vordenker seiner Partei inVerfassu­ngsfragen und sein Stellvertr­eter als Ministerpr­äsident. Arnolds Staatskanz­leichef Hermann Wandersleb organisier­te dieVerfass­ungsarbeit­en in Bonn, das dabei Hauptstadt wurde.

Arnold, 1946 Mitgründer der Rheinische­n Post, war das politische Schwergewi­cht in der CDU, wenn es um die Fragen der Staatsneug­ründung ging. Er wurde im September 1949 erster Bundesrats­präsident. Unter seinem Vorsitz begann die politische Arbeit in Bonn. Man traute ihm eine große Karriere zu, doch 1958 starb er überrasche­nd kurz vor der Landtagswa­hl, die die CDU triumphal gewann.

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FOTO: DPA 23. Mai 1949 im Sitzungssa­al des Parlamenta­rischen Rates in Bonn: Unter einer schwarz-rot-goldenen Flagge liegt das Grundgeset­z der Bundesrepu­blik Deutschlan­d auf einem Tisch.

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