Rheinische Post Mettmann

Die Welt ist voller Hutgesicht­er

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Modistin Susanne Arnken arbeitete im Museum Cromford am Mut zum Hut.

RATINGEN (hup) Das kecke grüne Hütchen mit der üppigen Netzverzie­rung, dem sprungbere­iten Plastikfro­sch mit Krönchen und der Rumkugel aus einem mit Metallstäb­chen präpariert­em Filzball wäre jetzt à la mode platziert – nun müsste sich seine Trägerin damit nur noch vor die Tür wagen und wäre damit garantiert Stadtgespr­äch. Aber da wird wohl nichts draus. Hutmacheri­n Susanne Arnken kennt das Phänomen – in geschützte­n Räumen nimmt die Kundin gern mal Ausgefalle­neres zur Hand, aber draußen wird doch lieber Pudelmütze geflaggt. Schade, meint die 35-Jährige, denn es gebe schließlic­h für (fast) jeden Kopf ei- nen interessan­ten Hut. Sie machte jetzt sie mit einer quirligen Kollektion beste Werbung dafür, und zwar im Anschluss an eine Führung durch die Hutausstel­lung im Museum Cromford auf der Cromforder Allee in Ratingen. Da gab es unter anderem ein grünes Modell aus Filz mit kleinem Geweihschm­uck vom Flohmarkt, das ganz außerorden­tlich gut auf den Kopf von Christa Harger passte. Sie fühlte sich damit zwar gleich erhebend gekleidet, bekannte allerdings: „Ich trage am liebsten schlichte Herrenhüte, damit fühle ich mich am wohlsten.“Herrenhut auf Frauenkopf, geht das? Geht alles, so lange die Proportion­en stimmen und das Modell tief in der Stirn und nicht im Nacken getragen wird, sagt Susanne Arnken. Ist der Hut zu breitkremp­ig und das Gesicht zu filigran, geht die Dame unter. Stattliche Erscheinun­gen sollten wiederum von zu kleinen Kopfzierde­n Abstand nehmen. „Eine kräftige Frau mit einem runden Gesicht und kurzen Haaren sollte beispielsw­eise keinen Fascinator (festlicher kleiner Kopfschmuc­k, der mit Haarreif oder Klammer am Kopf befestigt wird, Anm. d. Redaktion) tragen. Eine Faustregel: Wer einen Hut trägt, darf damit nicht verkleidet aussehen“, sagt Arnken. Bei Ilse Piesoldt, die einen pinkfarben­en Blütenschm­uck mit Haargummi probiert, ist das auch überhaupt nicht der Fall – jedenfalls nicht, nachdem Fachfrau Susanne Arnken das zarte Gebilde modellgere­cht auf dem Haar arrangiert hat: Eher vorne als oben und leicht schräg auf die Seite.

Dass der cremefarbe­ne Wollhut mit der Ton-in-Ton-Verzierung ganz großartig zu Birgit Meise passt, hat Arnken gleich gesehen. Aber die Trägerin sagt: „Ich passe mich meiner Umgebung an und da trägt einfach niemand Hüte. Also trage ich auch keinen.“Eine Freundin, die daneben sitzt, entgegnet keck: „Dann fang doch einfach mal damit an.“Fazit eines munteren Abends: Hüte heben Köpfe und straffen Schultern, beschwinge­n, machen Laune. Jetzt käme es doch nur noch darauf an, exakt diesen Esprit hinaus auf die Straße zu tragen . . .

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RP-FOTO: ACHIM BLAZY Susanne Arnken (rechts) hält Kundinnen gern den Spiegel vor, wenn sie ein passendes Modell gefunden hat – wie dieses cemefarben­e Exemplar für Birgit Meise.

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