Merkel hat ein Problem im eigenen Lager
In der Flüchtlingsfrage zeigen die Deutschen ein widersprüchliches Stimmungsbild: Im direkten Vergleich mit Seehofer erhält die Kanzlerin weiter Rückendeckung von der Mehrheit der Bevölkerung. Dennoch sehnen sich die Bürger inzwischen nach einem Ende des ungebremsten Flüchtlingsstroms.
Mit anderen Worten: Die Deutschen sind dafür, dass die Flüchtlingskrise weiter mit einer Haltung begleitet wird, wie sie die Kanzlerin einnimmt, wünschen sich bei den Taten aber ein bisschen mehr Seehofer. Angesichts der inzwischen fast 10.000 Flüchtlinge, die pro Tag in Deutschland ankommen, wird sich dieser Wunsch nach einer Obergrenze sicherlich noch verfestigen.
Die Umfrage fördert auch glasklar zutage, dass die Kanzlerin ein Problem im eigenen Lager hat. Die Differenzen mit der CSU sind offensichtlich. Aber auch in der CDU wächst die Skepsis. Dass die Umfrage nicht noch eindeutiger ausgefallen ist, wird vor allem der enormen Reputation geschuldet sein, die Merkel im eigenen Lager hat. Sie verbraucht gerade Kredit. Wenn sie ihren Kurs nicht vorsichtig hin zu einer klareren Steuerung des Zustroms korrigiert, wird der Unmut im Unionslager weiter wachsen. BERICHT 60 % DER DEUTSCHEN . . ., TITELSEITE
Das neue Schwarzbuch der Steuerzahler enthält einen Refrain: Auffallend oft kam es im vergangenen Jahr zur Steuergeldverschwendung, weil für einzelne Projekte Geld aus mehreren Staatskassen gleichzeitig floss. So wurde eine bis heute wegen falscher Prognosen zur Entwicklung der Nachbarschaft ungenutzte Freitreppe im Duisburger Hafen mit Geldern der Stadt, des Landes und der EU finanziert. Die explodierten Kosten für eine ähnliche Treppe am Kölner Rheinufer teilen sich Stadt und Land. Auch die merkwürdigen Aussichtsplattformen, die viele NRW-Kommunen mit Leidenschaft im Land verteilen, sind oft kofinanziert.
Zu viele Köche verderben den Brei. Die Finanzierung über mehrere Behörden hinweg verursacht Doppelarbeit und schwächt die Kontrolle. Die Aussicht auf fremdes Fördergeld weckt auch fragwürdige Begehrlichkeiten. Wenn ein Bürgermeister nur einen Bruchteil der Projektkosten bezahlen muss, ist sein Urteil für die Aufwand-Ertrags-Relation getrübt. Aber das neue Schwarzbuch kommt zu spät. Vor der Kommunalwahl hätte man besser reagieren können. BERICHT
ITeure Kirchturmpolitik
Späte Vernunft
n ihrer „Tarifrunde außer der Reihe“beim Sozialund Erziehungsdienst hat Verdi die Erzieherinnen und Sozialarbeiter zu sehr auf den Baum gejagt. Die Forderung von einem Lohnplus von durchschnittlich zehn Prozent wirkte wie eine aufputschende Droge. Nur allzu gern gingen die Beschäftigten dafür auf die Straße. Doch die massiven Arbeitskämpfe führten nur dazu, dass Eltern genervt und die klammen Kommunen bei den Personalkosten auch noch entlastet wurden. Die zehnprozentige Lohnerhöhung erzielten die Streiks nicht. Die Quittung bekam die Verdi-Führung bei der Abstimmung über das Schlichtungsergebnis von immerhin 3,3 Prozent – die angeheizte Basis ließ es durchrasseln.
Es ist gut, dass beide Seiten sich nun doch zusammengerauft und einen vernünftigen Kompromiss zustande gebracht haben. Die Kommunen haben die Notwendigkeit erkannt, ein bisschen mehr zu geben. Die Gewerkschaftsführung hat durchgesetzt, dass das Plus gerechter verteilt wird. Jetzt ist die Basis gefordert, vom Streik- in den Arbeitsmodus zu schalten und dem Vorschlag schnell zuzustimmen. BERICHT KITA-STREIK ABGEWENDET, TITELSEITE