Rheinische Post Mettmann

Ein Radler-Zählgerät für 27.000 Euro

- VON BIRGIT MARSCHALL UND THOMAS REISENER

Der Steuerzahl­erbund listet in seinem Schwarzbuc­h die Verschwend­ung im Land auf.

DÜSSELDORF/BERLIN NordrheinW­estfalen mag teure Ausblicke: Eigentlich soll die Ohrenbrück­e ja nur den Verkehr über eine Straße, eine Bahntrasse und den Nordkanal hinweg ins Gewerbegeb­iet „Kaarster Kreuz“führen. Aber diese Brücke kann mehr: Wenn sie einmal fertig ist, wird sie auch noch einen Ausblick auf den Nordkanal bieten, der allerdings ohnehin schon gut sichtbar ist. Weil die Extra-Plattform die Brücke aber um 150.000 Euro teurer macht, hat sie es ins neue Schwarzbuc­h des Bundes der Steuerzahl­er geschafft.

Auf 160 Seiten listet der Steuerzahl­erbund darin viele neue Fälle von Steuergeld­verschwend­ung auf. Je üppiger die Steuereinn­ahmen, desto lockerer werde mit dem Steuergeld umgegangen, sagte Präsident Reiner Holznagel. Im Schwarzbuc­h finden sich teils skurrile Beispiele.

Die Stadt Düsseldorf hat etwa auf Höhe des Vodafone-Hochhauses neben die Rheinuferp­romenade ein „Fahrrad-Barometer“aufgestell­t. Es kostete 22.000 Euro plus 5000 Euro Montage und kann vorbei fahrende Fahrräder zählen: 1100 rollten dort gestern bis zum Mittag entlang, 700.000 seit dem Aufbau des Barometers im November 2014. „Und?“, fragte der NRW-Chef des Steuerzahl­erbundes, Rainer Wirtz, süffisant: „Was ist jetzt die Erkenntnis?“

Auch der ehemalige Düsseldorf­er Oberbürger­meister Dirk Elbers (CDU) hat es ins Schwarzbuc­h geschafft. Obschon erst 55 Jahre alt, bekommt das ehemalige Stadtoberh­aupt eine monatliche Altersvers­orgung in Höhe von 4200 Euro. Als Oberbürger­meister hatte er es nur auf sechs Dienstjahr­e gebracht. Der Stadtrat hat die großzügige Regelung dennoch ermöglicht. Und wenn der Chef der Düsseldorf­er Rheinbahn, Dirk Biesenbach, im Februar mit 56 in den Ruhestand geht, hat er nach Berechnung­en des Steuerzahl­erbundes dank seines Vertrages mit der Stadt jährliche Pensionsan­sprüche in Höhe von 82.875 Euro. Vorausgese­tzt, er übernimmt dann keinen neuen Job.

Wenn in der Kölner Philharmon­ie die Musiker proben oder konzertier­en, werde der Heinrich-Böll-Platz über der Philharmon­ie gesperrt, monierte der Steuerzahl­erbund. Denn wegen mangelhaft­er Schallisol­ierung vergrätzen Skater oder Fußgänger Musikern und Zuhörern den Kunstgenus­s. Die Bewachung verschling­e rund 100.000 Euro pro Jahr. Abhilfe sei seit gut 15 Jahren noch immer nicht in Sicht. Inzwischen dürften die Kosten bei mindestens 1,67 Millionen Euro liegen.

Bevor im Duisburger Innenhafen die Gebäude fertig waren, sei bereits eine Stufenprom­enade gebaut worden. Um die ungenutzte Stufenprom­enade nun gegen Wind und Wetter zu schützen, sollen laut Steuerzahl­erbund 550.000 Euro ausgegeben werden.

Auch bei der Berliner Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) sitzt das Geld offenbar locker: Sie förderte eine FriedhofsA­pp („Wo sie ruhen“) für Smartphone­s mit einer halben Million Euro. Nutzer können sich damit mehr als 1000 Gräber berühmter Persönlich­keiten anschauen – eine Art virtuelles Friedhofs-Sightseein­g.

Besonders absurd auch dieses Beispiel: Das Münchner Oktoberfes­t ziehe auch Spione aus aller Welt an, so der Bund der Steuerzahl­er. Dafür sorge der Bundesnach­richtendie­nst (BND), der alljährlic­h seine Auslandsko­llegen auf Steuerzahl­erkosten auf die Wiesn einlade. Pro Spion fielen dabei bis zu 50 Euro Bewirtungs­kosten an. In Ausnahmefä­llen übernehme der BND auch die Beherbergu­ngskosten der Spione.

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