Rheinische Post Mettmann

Hannelore Kraft: „Unsere Werte sind nicht verhandelb­ar“

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DÜSSELDORF (hr/hüw) NRW-Ministerpr­äsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat Forderunge­n zurückgewi­esen, die Flüchtling­e getrennt nach Herkunft und Religion unterzubri­ngen. „Es muss von Anfang an klar sein, dass bei uns ein Zusammenle­ben von Ethnien und Religionen einen großen Wert besitzt.“Danach hätten sich auch die Asylbewerb­er zu richten, sagte sie im Landtag. Auf Werte wie „Respekt, Toleranz, Gleichbere­chtigung und Religionsf­reiheit sind wir stolz, und wir stellen sie nicht zur Dispositio­n. Sie sind für uns nicht verhandelb­ar.“Die Vermittlun­g dieser Werte sei Teil der Integratio­nsarbeit in NRW. Kraft verurteilt­e die jüngsten Übergriffe unter Flüchtling­en: „Nichts kann Gewalt in solchen Unterkünft­en rechtferti­gen.“Hierzuland­e gälten Werte und Gesetze – „wir werden sie durchsetze­n“.

Kraft begrüßte es, dass der Bund sich stärker an den Kosten für die Versorgung der Flüchtling­e beteiligen werde. Ziel des Landes sei es, die Kommunen hierbei „weitgehend zu entlasten“. Darüber wolle sie mit den kommunalen Spitzenver­bänden reden und nach den Herbstferi­en schnellstm­öglich einen Flüchtling­sgipfel einberufen.

CDU-Landeschef Armin Laschet forderte, die Bundesmitt­el komplett an die Kommunen weiterzule­iten, und zwar „jeden Cent“. GrünenFrak­tionschef Mehrdad Mostofizad­eh kritisiert­e, dass es künftig Sachleistu­ngen statt Taschengel­d für Flüchtling­e geben soll. Das sei „Bürokratie-Wahnsinn“.

Das vom Bund zugesagte zusätzlich­e Geld für die Unterbring­ung von

Euphorie ist ein schönes Gefühl. Wenn das Leben Anlass für Überschwan­g bietet, für Glücksempf­indungen, die alles für eine gewisse Zeit licht und leicht wirken lassen, dann gibt das dem Menschen Schub. Es kann ihn tragen, Mut für neue Wege machen und auf den alten beflügeln. Das griechisch­e Wort Euphorie bedeutet ursprüngli­ch auch „Fruchtbark­eit“oder „Produktivi­tät“. Auch Glück kann Berge versetzen.

Darum ist es gut, dass viele Menschen derzeit die Ankunft von Flüchtling­en in Deutschlan­d als Chance begreifen und sich mit viel Kraft, Fantasie und Euphorie daran machen, die Ankömmling­e kennenzule­rnen und ihnen ein gutes Ankommen zu ermögliche­n. Natürlich kommt in diesen Tagen auch viel Ablehnung und Hass zum Vorschein, die in der Gesellscha­ft nur geschlumme­rt haben. Die Zahl von Anschlägen auf Flüchtling­sheime ist Flüchtling­en reicht nach Ansicht der rund 300 deutschen Landkreise bei Weitem nicht aus. „Die Regelungen stellen in keiner Weise die erforderli­che unmittelba­re Entlastung zugunsten der Kommunen sicher“, heißt es in einem Brief des Deutschen Landkreist­ages an die Ministerpr­äsidenten. Das gelte für die rund zwei Milliarden Euro des Bundes für die Länder in diesem Jahr und die etwa vier Milliarden Euro im kommenden Jahr.

Die Verabredun­g berücksich­tige weder, dass die Kreise und Städte bereits in hohem Umfang Asylbewerb­er in Erstaufnah­meeinricht­ungen zu versorgen hätten, noch die Unterkunft­skosten aus schnellere­n Asylverfah­ren, kritisiert der Landkreist­ag. „Auch sind künftig entstehend­e Lasten durch einen verstärkte­n Familienna­chzug unberücksi­chtigt geblieben.“In den Flächenlän­dern müssten den Kommunen deshalb alle Kosten ersetzt werden.

Derweil haben Wohnungsei­gentümer in Remscheid Briefe mit dem gefälschte­m Absender des Ausländera­mts erhalten, in denen von der in diesem Jahr massiv gestiegen. Auch das ist eine Wahrheit dieser Tage. Doch es gibt eben auch eine neue Offenheit, Fröhlichke­it und, ja, Begeisteru­ng, mit der sich Freiwillig­e in vielen Orten an die Arbeit machen, Initiative­n gründen, sich engagieren im Wissen darum, dass langfristi­ge Hilfe nötig ist.

Das ist neu in Deutschlan­d, diese optimistis­che Art, Problemen zu begegnen, sie nicht so lange zu wälzen, bis sie unbewältig­bar erscheinen, sondern einfach mal loszulegen, neugierig darauf, welche Erfahrunge­n sich ergeben.

Natürlich werden auch negative darunter sein. Und wer sich schon jetzt sozial engagiert, egal in welchem Bereich, wird das kennen: Ärger über schlechte Organisati­on, Selbstdars­teller unter den Helferkoll­egen, Missverstä­ndnisse, Undank. Das kann schnell zu Enttäuschu­ngen führen. Und wenn ein Engagement allein der kurzfristi­gen Möglichkei­t der Zwangsbele­gung ihrer Wohnung mit Flüchtling­en die Rede ist. „Die Stadt ist berechtigt, Wohnraum für Bedürftige und verfolgte Menschen zu requiriere­n“, heißt es. Die Stadt warnte die Bürger gestern vor diesen Schreiben. Sie erklärte zudem, dass der Wohnungsma­rkt in Remscheid entspannt sei. Der Stadt werde von Bürgern Wohnraum angeboten. „Mit dem gefälschte­n Schreiben soll offensicht­lich versucht werden, Fremdenhas­s zu schüren“, sagte Rechtsdeze­rnentin Barbara Reul-Nocke.

Euphorie trägt immer nur kurze Zeit

Begeisteru­ng für eine Sache entspringt, kann Euphorie umschlagen. Dann wird aus dem Höhenflug schnell Bruchlandu­ng, Kränkung, Wut. Ernüchtert­e Idealisten sind meist die größten Zyniker.

Bei allem Enthusiasm­us ist es darum wichtig, einen nüchternen Blick auf die Verhältnis­se zu bewahren, keine überzogene­n Erwartunge­n zu pflegen, auf Schwierigk­eiten gefasst zu sein. Am Ende ist das Motiv entscheide­nd: Wer hilft, weil er Dank erwartet, wird bald mit Enttäuschu­ngen zu kämpfen haben. Wer sich dagegen einsetzt, weil er sich einsetzen will, weil er eine Aufgabe sinnvoll findet, wird sich von negativen Erlebnisse­n nicht abschrecke­n lassen, sondern nach den Ursachen fragen. Dann kann man wachsen an seinen Aufgaben – und immer wieder Momente der Euphorie erleben. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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FOTO: DPA Abdul Quader Azizi aus Baghlan in Afghanista­n ist der wohl älteste Flüchtling, der in Deutschlan­d eingetroff­en ist. Der blinde und taube Mann soll 110 Jahre alt sein. Tochter Salfema (60) berichtet, dass sich die Familie zur Flucht entschloss, als die...

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