Rheinische Post Mettmann

VW-Skandal trifft auch Kommunen

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Während der Aufsichtsr­at über seine künftige Führung streitet, wird in Wolfsburg, Ingolstadt und Braunschwe­ig der Rotstift angesetzt. Mittlerwei­le sind zwölf Manager schon von ihrem Job beurlaubt – ein wichtiger Preis wurde aberkannt.

WOLFSBURG Der Aufsichtsr­at von Volkswagen scheint gespalten, ob Finanzvors­tand Hans Dieter Pötsch tatsächlic­h zum neuem Aufsichtsr­atschef des Konzerns gewählt werden soll. Dieses Bild ergibt sich nach der gestrigen Sitzung des fünfköpfig­en Präsidiums: Niedersach­sens Ministerpr­äsident Stefan Weil (SPD) und Ex-IG-Metall-Chef Berthold Huber zweifeln offensicht­lich daran, ob Pötsch nach zwölf Jahren im Vorstand der richtige ist, um gegenüber der US-Justiz einen glaubwürdi­gen Neuanfang nach dem Betrug mit manipulier­ten Dieselmoto­ren in elf Millionen Autos zu signalisie­ren. Außerdem stellt sich die Frage, warum VW erst am 22. September bestätigte, dass es den Motorenska­ndal gibt, dabei hatten VW-Mitarbeite­r gegenüber der US-Umweltschu­tzbehörde den Betrug schon am 3.September gestanden – Finanzprof­i Pötsch hätte die Anleger also viel früher warnen müssen. Diese verloren Milliarden Euro. Die Finanzaufs­icht Bafin ermittelt.

Alarmiert durch diese Skepsis erklärte der mächtige Familiencl­an Porsche-Piëch demonstrat­iv, Pötsch genieße weiter sein volles Vertrauen. Mit seiner Mehrheit der Stimmen kann die Familie Anfang November in der Hauptversa­mmlung Pötsch als einfachen Aufsichtsr­at wählen. Doch Vorsitzend­er des 20-köpfigen Gremiums kann er nur werden, wenn das Land Niedersach­sen (zwei Stimmen) und/oder die Arbeitneh- mervertret­er (zehn Stimmen) wie vereinbart mitziehen. „Ich vermute eher, dass Pötsch am Ende gewählt wird“, sagt Ulrich Hocker, Präsident der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW), „immerhin kennt der VW sehr gut.“

Derweil trifft die Krise Europas größten Autobauer auch im echten Geschäft. Im Motorenwer­k Salzgitter wurde erstmals die Produktion zurückgefa­hren, die Finanztoch­ter Volkswagen Financial Service verhängte bis zum Jahresende einen Einstellun­gsstopp. Auch die Kommunen mit wichtigen VW-Standorte werden nervös. Die Stadtverwa­ltungen von Wolfsburg, Braunschwe­ig und Ingolstadt, wo die VW-Tochter Audi ihre Zentrale hat, verhängten eine Haushaltsp­erre – um 15 Prozent sollen die Ausgaben in Ingolstadt sinken.

NRW-Städte scheinen trotz vieler wichtiger VW-Zulieferer wie ThyssenKru­pp oder Rheinmetal­l aber von der Konzernkri­se nicht getroffen zu sein. „Sparen müssen die hiesigen Kommunen sowieso schon besonders viel“, heißt es beim Städteund Gemeindebu­nd NRW, „und einzelne Zulieferer sind lokal nie so wichtig wie VW mit ganzen Autowerken in manchen Städten.“

Gleichzeit­ig zeichnet sich ein Hauen und Stechen um die Verantwort­ung für die Manipulati­onen ab. Zwölf Manager wurden bisher vorläufig beurlaubt, berichten Insider. Der frühere Konzernche­f Bernd Pischetsri­eder (rausgeworf­en 2006) und der einstige VW-Markenchef

Newspapers in German

Newspapers from Germany