Rheinische Post Mettmann

Recht auf Rückkehr zur Vollzeit-Stelle

- VON EVA QUADBECK

Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) will gegen die „Teilzeit-Falle“angehen. Arbeitnehm­er in Teilzeit sollen problemlos wieder auf eine normale Stelle wechseln können. In der Koalition gibt es Widerstand.

BERLIN Die SPD will der „TeilzeitFa­lle“mit einem neuen Gesetz zu Leibe rücken. „Wir brauchen neben der Teilzeit auch ein Recht, wieder zurückzuke­hren in die vorherige Arbeitszei­t, sonst droht die sogenannte Teilzeitfa­lle“, sagte Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) unserer Redaktion. Den Bedarf für ein Rückkehrre­cht von einem Teilzeit-Arbeitsver­hältnis in einen Vollzeit-Job hält die SPD-Politikeri­n für groß: „Wir gehen davon aus, dass rund 150.000 Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­er von einer Regelung zur befristete­n Teilzeit direkt profitiere­n“, sagte sie.

Das Vorhaben ist Teil des Koalitions­vertrags zwischen Union und SPD. Das Gesetz sei fertig und liege im Kanzleramt zur weiteren Abstimmung, betonte Nahles. Sie wird allerdings noch mit Widerstand rechnen müssen. „Da ist noch gar nichts fertig“, sagte Unionsfrak­tionsvize Michael Fuchs (CDU). „Wenn eine Frau drei Jahre in Teilzeit gearbeitet hat und dann wieder auf Vollzeit aufstocken möchte, muss ja auch genug Arbeit für sie vorhanden sein. Man kann dann nicht anderen Mitarbeite­rn Stunden wegnehmen. Das ist eine Frage der Mathematik“, sagte der CDUPolitik­er, der aber zugleich einräumte, dass ein Rückkehrre­cht in großen Betrieben möglich sei.

Nach Angaben von Nahles sind die Belange der Unternehme­n in ihrem Gesetzentw­urf bereits berücksich­tigt. „Wir werden mit dem Gesetz nicht alle Wünsche erfüllen können, da es auch Zwänge in den betrieblic­hen Abläufen gibt“, sagte die Ministerin. „Das berücksich­tigen wir natürlich. Aber wir wollen den Betroffene­n ein Recht geben, das mit dem Arbeitgebe­r wenigstens erörtern zu können.“

Teilzeitar­beit in Deutschlan­d ist weiblich. Nach dem Mikrozensu­s 2015 sind 80 Prozent der Teilzeit-Beschäftig­ten Frauen. Fast die Hälfte der weiblichen Erwerbstät­igen arbeitet in Teilzeit. Diese Form der Beschäftig­ung hat in den vergangene­n 25 Jahren erheblich zugenommen.

Nahles begrüßte diese Entwicklun­g grundsätzl­ich: „Das ist positiv im Sinne gewünschte­r Flexibilit­ät und moderner Arbeitsorg­anisation.“

Nach einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln hat der Teilzeit-Boom keine Arbeitsplä­tze gekostet. „Im Laufe der Jahre sind dabei aber keine Vollzeitst­ellen in Teilzeitst­ellen umgewandel­t worden, sondern es kamen neue Teilzeitst­ellen hinzu, die es zuvor nicht gab“, heißt es in einer Studie des Wirtschaft­sforschung­sinstituts.

Ein großer Teil der Eltern ist mit der Aufteilung von Erwerbsarb­eit und Kindererzi­ehung nicht zufrieden, wie eine Allensbach-Studie aus dem vergangene­n Jahr zeigt. So geben knapp zwei Drittel der Eltern mit Kindern unter 18 Jahren an, der Staat solle bessere Voraussetz­ungen schaffen, damit beide Partner gleicherma­ßen berufstäti­g sein könnten. In der Regel geht bei den Paaren mit der Geburt des ersten Kindes die Schere auseinande­r: Während vor der ersten Schwangers­chaft bei etwa drei Viertel der Paare beide Elternteil­e Vollzeit arbeiten, beträgt die durchschni­ttliche Stundenzah­l pro Woche nach der ersten Elternzeit bei Vätern 42 und bei Müttern 25 Stunden.

Ob das Gesetz noch verabschie­det wird, ist offen. Denn auch die Arbeitgebe­r sehen die Pläne zum Rückkehrre­cht in Vollzeit skeptisch. „Arbeit 4.0 braucht partnersch­aftliche Flexibilit­ät, keine starre Reglementi­erung, keinen neuen einseitige­n Eingriff des Gesetzgebe­rs, der vor allem kleine und mittlere Unternehme­n belastet“, sagte Steffen Kampeter, Hauptgesch­äftsführer der Bundesvere­inigung der Arbeitgebe­rverbände (BDA). Politik Seite A4

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