Rheinische Post Mettmann

Erdogans Islamisier­ung erreicht Weihnachte­n

- VON MATTHIAS BEERMANN VON EVA QUADBECK VON DOROTHEE KRINGS PFARRERIN ÜBERTÖNT NEONAZIS . . ., SEITE A 3

Ob es eine offizielle Anordnung gegeben hat, das Thema Weihnachte­n aus dem Unterricht an einer deutschen Auslandssc­hule in Istanbul zu verbannen, wie stark die deutschen Lehrer dort drangsalie­rt wurden, das war zunächst nicht ganz klar. Klar dagegen ist, dass ein solches Verbot leider genau im Trend liegt: Die AKP-Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan versucht, das Land auf ihre islamisch-konservati­ve Linie zu bringen, wobei das Bildungssy­stem ganz besonders im Fokus steht. Dass Erdogans Islamisier­ungskurs nun offenbar auch das Weihnachts­fest erreicht hat, ist alarmieren­d. Und völlig inakzeptab­el.

Bis zu 80 Lehrer entsendet Deutschlan­d in die Türkei, und dies auch zu unserem Nutzen. Denn es ist durchaus in deutschem Interesse, dass ein Teil der künftigen türkischen Elite auf diese Weise frühzeitig mit Deutschlan­d in Berührung kommt. Wie übrigens auch mit deutschen Wertvorste­llungen, und da liegt wohl das wahre Problem: Erdogan will liberales westliches Gedankengu­t und christlich­e Kultur ausgrenzen. Wenn es dabei bleibt, muss Deutschlan­d seine Lehrer abziehen, so bedauerlic­h das auch wäre. Aber es kann nicht sein, dass der deutsche Steuerzahl­er gleichgesc­haltete AKP-Schulen finanziert. BERICHT WEIHNACHTS­VERBOT AN SCHULE . . ., TITELSEITE

BWeniger Kindergeld

ei der Verteilung von Sozialleis­tungen muss der Staat genau hinschauen. Das ist eine Binsenweis­heit. Gabriels Anliegen, dass Auslandsüb­erweisunge­n von Kindergeld an den dortigen Verhältnis­sen bemessen werden, ist berechtigt.

Wegen der europäisch­en Freizügigk­eit muss die Bundesregi­erung die Regeln für die Vergabe von Sozialleis­tungen immer wieder justieren. Die Maßnahmen dieser Wahlperiod­e gegen Armutszuwa­nderung und gegen das Erschleich­en von Sozialleis­tungen durch EU-Ausländer waren notwendig. Sie schonen nicht nur Staatshaus­halt und Sozialkass­en. Solche Maßnahmen gegen Sozialmiss­brauch tragen auch zur Akzeptanz der EU und ihrer Freizügigk­eit bei. Freizügigk­eit heißt nicht, dass sich die EU-Bürger in jedem Land die Rosinen herauspick­en können.

Beim Thema Kindergeld hat Gabriel aber auch einen Schuss Populismus dazugegebe­n: Das Problem hat die Regierung längst erkannt, und das Finanzmini­sterium arbeitet an einem entspreche­nden Gesetzentw­urf. Indem man einfach nur „Kein AusländerK­indergeld!“ruft, beschleuni­gt man die Sache nicht. BERICHT GABRIEL WILL KINDERGELD FÜR . . ., TITELSEITE

Recht geläutet

Wenn Neonazis wie jetzt in Dortmund einen Kirchturm besetzen, um ihre Parolen in die Welt zu posaunen, dann ist das ein aggressive­r Akt gegen ein Gebäude – und gegen Christen, gegen Menschen, die auf Nächstenli­ebe bauen und für die eine Kirche ein Schutzraum ist. Die Pfarrerin hat richtig reagiert: Sie hat die mächtige Stimme ihrer Kirche erhoben und die Glocken sprechen lassen. Geläut ist ja nicht nur akustische­r Zierrat für die Feiertage, sondern auch Mahnung. Und Abwehrsign­al.

Die Attacke auf den Kirchturm war aber noch auf andere Weise aggressiv: Die Neonazis haben von da oben nicht irgendetwa­s verkündet, sondern antiislami­sche Parolen. Sie wollten also suggeriere­n, sie seien so etwas wie die letzten Verteidige­r einer Christenhe­it, die sich gegen den Islam wehren müsse. Das ist die eigentlich­e Gefahr unserer Tage: dass Hetzer versuchen, religiöse Gruppen zu Feinden zu machen und Menschen zu vereinnahm­en. Es gibt aber keinen Religionsk­rieg um das Abendland. Es gibt nur Menschen, die sich dem Hass verschreib­en. Und andere, die dem entgegentr­eten müssen. Laut. BERICHT

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