Abtrünnige sind die letzte Hoffnung der Trump-Gegner
37 Wahlmänner müssten heute das Lager wechseln.
WASHINGTON Immerhin, einen Abtrünnigen gibt es bereits. Einer von 306 Wahlmännern, die eigentlich Donald Trump wählen müssten, hat öffentlich Widerstand angekündigt. „Man verlangt von mir, für jemanden zu stimmen, der täglich aufs Neue beweist, dass er nicht die nötige Qualifikation für das Amt besitzt“, schrieb Chris Suprun in der „New York Times“. Das könne er nicht, fügte er an. Im Übrigen sei noch längst nicht beschlossene Sache, dass der nächste Präsident Donald Trump heiße. Denn laut Verfassung seien die Wahlmänner allein ihrem Gewissen verpflichtet, argumentiert der Rettungssanitäter aus Texas.
Es wäre indes ein Wunder, sollte sich der Aufstand des Chris Suprun zu einer Revolte auswachsen, die einen Präsidenten Trump noch verhindert. Heute treffen sich überall in den USA die 538 Wahlmänner und –frauen, die darüber entscheiden, wer im Januar ins Weiße Haus einziehen wird. Nach einer ungeschriebenen Regel sind sie daran gebunden, wie der Souverän am 8. November abgestimmt hat. Etwa die Hälfte der Bundesstaaten hat ihre Elektoren auch rechtlich dazu verpflichtet, jenem Bewerber die Stim- Die Zahl der Wahlmänner (insgesamt 538) pro Bundesstaat hängt von dessen Größe ab. me zu geben, der in ihrem jeweiligen Staat die Nase vorn hatte.
Beim Votum vor sechs Wochen hat Trump 306 Elektoren gewonnen, während Hillary Clinton auf 232 kam. Präsident wird, wer von mindestens 270 Mitgliedern des Electoral College gewählt wird. Also müssten 37 Wahlmänner das Lager wechseln, um Trump zu stoppen, und sich entweder für Clinton oder einen dritten Kandidaten entscheiden. Etwa für den Republikaner John Kasich, dem zum Beispiel Suprun den Zuschlag geben wird. Sollte die Zahl der Abweichler groß genug sein, um den Bauunternehmer die magische Marke 270 verfehlen zu lassen, müsste das Repräsentantenhaus die Sache entscheiden. Angesichts der klaren republikanischen Mehrheit in der Kammer wäre der Ausgang jedoch klar.
Nüchtern betrachtet, ist es wohl nur ein Sturm im Wasserglas. Das allerletzte Aufbäumen jener Republikaner, die bereits während der Vorwahlen verzweifelt versucht hatten, den Kandidaten Trump aufzuhalten. Dass die Debatte dennoch die Gemüter erregt, hat etwas mit Clintons Abschneiden zu tun. In der Summe erhielt die frühere Außenministerin 2,8 Millionen Stimmen mehr als ihr Widersacher. Bei einer Direktwahl hätte sie klar gesiegt.
Wie wird der US-Präsident gewählt?