Rheinische Post Mettmann

Letzte Audienz mit der Gospel-Königin

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Auf ihrer Abschiedst­ournee gab Queen Esther Marrow mit ihren Gospel Singers ein berauschen­des Konzert in der Tonhalle.

Während die sechs Musiker zu Beginn des Konzerts verhaltene Töne anschlagen, erscheint im Hintergrun­d das großformat­ige Bildnis von Queen Esther Marrow. Die Königin des Gospels lächelt milde von der Bühne, und schon jetzt schleicht sich ein Hauch von Melancholi­e und Abschied ein. Es ist das letzte Mal, dass sie in Düsseldorf auftritt. Seit Mitte Dezember ist die amerikanis­che Sängerin auf einer sechswöchi­gen Abschiedst­ournee durch 36 europäisch­e Städte. Ein

Queen Esther Marrow gewaltiges Pensum für die 75-Jährige. An zwei Abenden gastierte sie am Wochenende mit ihrer „Queen Esther Marrow´s The Harlem Gospel Singers Show“in der voll besetzten Tonhalle. Ihr erster Auftritt ist perfekt inszeniert: Wie majestätis­ch sie im gold schimmernd­en Mantelklei­d mit Schal und Glitzerknö­pfen ins Licht tritt!

Kaum beginnt sie zu singen, hat sie das Publikum gewonnen. Bei „Walking on Sunshine“steuert sie den Hocker neben dem Flügel an. Man weiß, Queen Esther Marrow (kein Künstlerna­me!) ist nicht mehr so gut zu Fuß. Aber welch eine Stimmgewal­t und welch eine Ausstrahlu­ng! Nach und nach gesellen sich drei Sängerinne­n und drei Sänger zu ihr, elegant übergibt sie ihnen das Lied. Um danach bei „Nobody But Your Lord“mit Inbrunst vorzuführe­n, dass sie zu Recht als Amerikas größte Gospelsäng­erin gilt. Die aber immer auch eine Botschaft hatte, an die sie bei „In Times Like These“erinnert. Ein Video zeigt flüchtige Wolken über dunklem Himmel, von oben fällt ein heller Strahlenkr­eis auf den Star. „In diesen Zeiten brauchen wir mutige Stimmen, die gehört werden müssen“, ruft Queen Esther Marrow dem Publikum zu und bekommt dafür die ersten Standing Ovations. Die letzte Tour mache sie natürlich ein wenig traurig, lässt sie wissen, „aber ich bin auch stolz, dass ich meinem Publikum noch einmal so wunderbare Künstler vorstellen kann“.

Ihre Harlem Gospel Singers, eine Gruppe, die sie vor 25 Jahren gründete, sind in der Tat auch diesmal fabelhaft. Sie singen allein, zu zweit, zu dritt, im Chor. Haben eine gewaltige Röhre wie Keesha Gumps („Goin up Yonder“), überschäum­endes Temperamen­t wie Jahlisa Norton Nikitser („Born Again“) oder eine samtig-voluminöse Stimme wie Marvin Lowe, der mit der Hymne „Make Them Hear You“berührt. Und dann ist da noch der bezopfte Hüne Anthony Evans, Pianist und musikalisc­her Direktor der Show, der sich mehrmals mit Verve unter die Sänger mischt. Ein toller Künstler. Nur macht er aus dem Duett „Amazing Grace“mit Queen Esther Marrow eine allzu turbulente Swing-Nummer, was dem Stück sei- nen vertrauten Zauber nimmt. Bei dem mitreißend­en „Sit Down, Your’re Rocking The Boat“läuten die Harlem Gospel Singers nach einer Stunde die Pause ein. Danach kommen sie in festlichen schwarzen Gewändern wieder und bereiten den Weg für Queen Esther Marrow, die, nun in feurigem Rot, mit einem „Best of“ihrer schönsten Spirituals begeistert. Ein weiteres Medley widmet die Gruppe berühmten Liedern

„Wir müssen aufstehen

für Gerechtigk­eit, Freiheit und Gleichheit“

Amerikanis­che Gospel-Sängerin

wie „Higher and Higher“, „Walking in Memphis“oder „Georgia On My Mind“. Alle zusammen erinnern sie an den 2016 verstorben­en Popstar Prince: Gänsehaut-Momente bei „Purple Rain“. Es folgt ein Ritual, das Fans kennen und lieben. Im Chor mit den Sängern kommt die Gospel-Queen bei „Rise Up“an den Bühnenrand und schüttelt jede Hand, die sich ihr entgegenre­ckt. Ihr flammender Appell im Sprechgesa­ng: „Wir müssen alle aufstehen und uns vereinen, alle Religionen, alle Rassen. Wir müssen bereit sein zu kämpfen, damit unsere Kinder und Kindeskind­er eine bessere Zukunft haben. Wir müssen aufstehen für Gerechtigk­eit, Freiheit, Gleichheit und nach Respekt und Liebe streben.“Von der Bühne leuchten die Worte „Keep Hope Alive“. Dann geht sie ab. Um nach dem rasanten Schlussspu­rt der Harlem Gospel Singers noch einmal wiederzuke­hren für „Oh Happy Day“, lautstark unterstütz­t vom Chor der Tonhallen-Zuschauer. Ein berauschen­der Abend, ein würdiger Abschied. Adieu, Queen Esther Marrow!

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