Isolde geht zum Arzt und stirbt nicht
„Mir erstickt das Herz“, singt Isolde in Richard Wagners Oper. Sie klagt über ein Engegefühl in der Brust und stirbt dann den Liebestod, da sie den Verlust Tristans nicht verkraftet. Doch könnte ihr Tod auch andere Ursachen gehabt haben? Wolfram Goertz fand im Palais Wittgenstein bei einem Vortrag für den RichardWagner-Verband Antworten. Der Vortrag trug den Titel „Wagners Helden gehen zum Arzt“, dabei tun diese Helden, obwohl sie es nötig hätten, eben das nicht – zum Arzt gehen. RP-Redakteur Goertz begab sich auf Spurensuche; da er nebenberuflich in der Spezialambulanz für Musikermedizin an der Uniklinik arbeitet, passte die Schnittstelle zwischen Musik und Medizin wunderbar.
Wagners Helden, so Goertz, stürben zuweilen ohne ersichtlichen Grund und litten an seltsamen Krankheiten. Warum hat Wotan im „Der Ring des Nibelungen“nur ein Auge? An welcher sonderbaren Wundheilungsstörung leidet Amfortas im „Parsifal“? Der Vortrag war gespickt mit Musikbeispielen aus den jeweiligen Opern.
„Jetzt machen wir mal ein bisschen Hightech-Medizin“– so leitete Goertz seinen Exkurs zu Isoldes Liebestod ein. Sie habe wohl an einer Tako-Tsubo-Kardiomyopathie gelitten, auch als Broken-Heart-Syndrom bekannt. Da das bei Frauen vor der Menopause selten auftrete, könne ein Tumor in der Nebenniere der deutlich jüngeren Isolde, der massiv Stresshormone ausschüttet, schuld sein. Dieser Tumor sei vermutlich durch den Liebestrank aktiviert worden. Heutzutage würden gute Mediziner dieser Sache auf den Grund kommen. Als Verlobte des Königs Marke bekäme sie gewiss Chefarztbehandlung, sagte Goertz.
Für dieses Paar hatte Goertz auch eine gute Prognose: Beide würden glücklich, der ältliche Marke nehme an manchen Abenden allerdings einen PDE-5-Hemmer, besser bekannt als Viagra. Lisa Maier-Bode