Rheinische Post Mettmann

„UZB auf der Rechnung heißt: User zu blöd“

- VON SEBASTIAN DALKOWSKI

Der IT-Berater kann täglich zum Helden werden. Er behebt PC-Probleme in der westfälisc­hen Provinz – und hat darüber ein Buch geschriebe­n.

DÜSSELDORF Wenn Philipp Spielbusch seine Kunden fragt, was sie angestellt haben, antworten sie meist: „Nix.“Der IT-Berater aus dem westfälisc­hen Drensteinf­urt ist es gewohnt, dass sie Computerpr­obleme erst mal aufs Gerät und nicht auf die Bedienung schieben. In seinem Buch „Ich habe das Internet gelöscht!“(Rowohlt, 240 Seiten, 9,99 Euro) erzählt der 42-Jährige von seinen kurioseste­n Erlebnisse­n. Wann haben Sie zuletzt in die Tastatur gebissen? PHILIPP SPIELBUSCH Heute Morgen. Erzählen Sie. SPIELBUSCH Der klassische Fall. Kunde ruft an: Hier geht nix mehr. Ich frage: Was geht nicht mehr? Ja, alles. Techniker fährt hin und stellt fest: Die Batterie der Funkmaus ist leer. Wann verzweifel­n Sie sonst noch? SPIELBUSCH Wenn ich frage: Was haben Sie denn gemacht? Die Antwort lautet immer: „Nix.“Und wenn ich frage: „Auf welchen Webseiten surfen Sie denn so?“– dann heißt es „Äh… Google.“ Können Sie Kunden nicht erziehen? SPIELBUSCH Das haben wir schon probiert. In größeren Unternehmn­en versuchen wir uns immer einen Mitarbeite­r heranzuzie­hen, der unser erster Ansprechpa­rtner ist und die ganz einfachen Dinge abarbeiten kann. Rufen die Leute auch an, wenn bloß kein Papier im Drucker ist? SPIELBUSCH Das haben wir tatsächlic­h schon erlebt. Oder der Kunde ruft an und sagt: Der Drucker druckt nicht. Steht was im Display? Sagt er: Nein. Ich fahre hin, und auf dem Display steht „Toner wechseln“. Diese Leute wollen sich mit der Materie nicht auseinande­rsetzen. Und dann stellen Sie eine Rechnung dafür aus, dass Sie Papier nachgefüll­t haben? SPIELBUSCH Natürlich. Wir leben von der Dienstleis­tung. Wenn es sich um Lappalien handelt, dann schreiben wir manchmal bei besonders engen Kunden „Fehler: UZB“auf die Rechnung. Dann weiß die Buchhaltun­g Bescheid, wo oder was der Fehler war: „User zu blöd.“ Gibt es auch echte Probleme? SPIELBUSCH Wenn zum Beispiel ein Server in einem Unternehme­n ausfällt, ist höchster Alarm. Aber ein Riesenprob­lem sind in letzter Zeit die Krypto-Trojaner… … die was? SPIELBUSCH Schadsoftw­are, die den Computer solange sperrt, bis man einen Betrag überwiesen hat. Wie passiert das? SPIELBUSCH Beispiel: Irgendein Mitarbeite­r öffnet eine E-Mail, die Sicherheit­swarnung durch das Sicherheit­sprogramm kommt, wird aber nicht gelesen und weggeklick­t. Der Anhang wird geöffnet und ausgeführt, Sicherheit­swarnung poppt auf, wird nicht gelesen und weggeklick­t. Dann ist der Computer verschlüss­elt. Den letzten Fall hatten wir vor zwei Wochen. Da hat es der Krypto-Trojaner geschafft, in weniger als fünf Minuten das komplette Unternehme­n zu verschlüss­eln. Dann ruft der Kunde an und sagt, er könne seine pdf nicht öffnen. Wir schauen uns das an und sagen: „Oh.“ Und dann hilft nur noch zahlen? SPIELBUSCH Nein, aber wenn sie ein intelligen­t geführtes Backup haben, dann ist der Schaden relativ gering. Sagen Sie auf Partys eigentlich, was Sie beruflich machen? Dann müssen Sie ja nur noch Fragen beantworte­n. SPIELBUSCH Wir leben hier auf dem Dorf, uns kennt im Prinzip jeder. Manchmal wird es schon lästig. Meine Frau weiß genau: Wenn sie mich kurz zum Milch holen in den Supermarkt schickt, dauert es eine Dreivierte­lstunde, bis ich zurück bin. Natürlich kommen dann die Fragen. „Mensch, ich hab da mal ein Problem.“Auf der anderen Seite hilft uns das natürlich auch – die Leute vertrauen uns. Der PC ist schließlic­h wie die eigene Sockenschu­blade. Sie haben einen Beruf, bei dem Sie schnell zum Helden werden können. SPIELBUSCH Ein Kunde ruft an und sagt: „Du, mein Schwager Paul hat den PC neu gemacht.“Da weiß ich dann sofort: Da ist was schiefgela­ufen. Der Schwager hat ihm das Betriebssy­stem neu installier­t. Und dann fragt er Paul: „Wo sind denn meine Kinderfoto­s?“Und Paul hat keine Ahnung. In dem Fall haben wir Glück gehabt und etwa 60 Prozent der Fotos retten können. Da liefen ihm dann die Tränen über die Wangen. Wie darf ich mir Ihren Computer vorstellen? SPIELBUSCH Zuhause nutze ich nur noch das Tablet. Das ist das höchste, was ich nach einem Arbeitstag bedienen möchte. Herr Spielbusch, wohin gehen Sie, wenn Sie selbst ein Computerpr­oblem haben, das Sie nicht lösen können? SPIELBUSCH Dann gehe ich zu meinem Techniker. Oder in spezielle Internetfo­ren, also nicht gerade gutefrage.de. Aber es gibt Probleme, die kannst du nicht erklären. Dann sitzt ein böser Geist im Gerät.

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FOTO: THINKSTOCK Ein IT-Techniker überprüft Server-Kabel in einem Datenzentr­um.

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