Rheinische Post Mettmann

„AC/DC auf der Blockflöte ist gar nicht schwer“

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Der studierte Blockflöti­st ist Mitglied der Band Wildes Holz und wehrt sich gegen das Vorurteil, sein Instrument wäre nur etwas für Kinder.

Tobias Reisige ist Frontmann der Band Wildes Holz, einem Trio: Gitarre und Kontrabass, Reisige spielt Blockflöte. Die Musiker spielen Songs von Rock- und Popbands, und morgen treten sie im Kom(m)ödchen auf. Konzerte gebe er gern mit verstärkte­r Blockflöte, erzählt Reisige, dann klinge sie aggressive­r. Sie sind 40 Jahre alt und darum doch viel zu alt für die Blockflöte. REISIGE Damit geht es ja schon los . . . Womit? REISIGE Das ist das Klischee der Blockflöte: Die Blockflöte ist immer das Anfängerin­strument. Alle müssen es lernen, bevor sie ein richtiges Instrument spielen dürfen – das ist in vielen Köpfen drin. Dass es aber ein gleichwert­iges Instrument ist, mit einer großen Musikgesch­ichte, das wissen die meisten nicht. Es gibt sogar Blockflöti­sten, die in den vergangene­n Jahren einen Echo-Klassik gewonnen haben, aber das bekommt nur ein Fachpublik­um mit. Die Allgemeinh­eit wird das nie erreichen, und das liegt auch an diesem Klischee. Wann haben Sie angefangen? REISIGE Ich habe mit sechs Jahren angefangen und seitdem nie ganz aufgehört. Ich hatte einmal die Woche bei meiner Nachbarin Unterricht, die studierte damals schon Blockflöte. Ich habe aber nie viel geübt, und sie hat mir auch keinen Druck gemacht. Wir haben einfach nur für eine Stunde Musik gemacht. So bin ich dann dabeigebli­eben. Wann wussten Sie, dass das mit der Blockflöte und Ihnen eine Sache von Dauer wird? REISIGE Ich habe in der Pubertät angefangen, Saxofon zu spielen, auch in Bands, da war die Blockflöte erst einmal nicht mehr so angesagt. Ich habe zu der Zeit auch nicht jedem erzählt, dass ich nebenbei Blockflöte spiele. Die galt eben als uncooles Instrument. Sie haben heimlich weiter Blockflöte gespielt? REISIGE Meine Freunde wussten es schon, aber ich habe es nicht jedem auf die Nase gebunden. Ich habe dann die Saxofon-Sachen auf die Blockflöte übertragen. Nach der Schule wollte ich aber Musik studieren und war mit der Blockflöte viel besser als mit dem Saxofon. Und nun sind sie Diplom-JazzBlockf­lötist. REISIGE Ich habe erst Alte Musik studiert. Bis zu Zeiten Bachs war die Blockflöte ja ein Instrument, das sehr aktiv am Musikgesch­ehen teilgenomm­en hat. Anschließe­nd durfte ich Jazz mit dem Hauptfach Blockflöte studieren. Das war schon außergewöh­nlich, und ich bin auch ein bisschen stolz darauf. Heute stehen sie also darüber, dass Sie Blockflöte spielen? REISIGE Ich wurde schon während des Studiums immer selbstbewu­sster. Dass ich mal davon leben kann, dass ich Blockflöte spiele, hätte ich aber nie erwartet. Auch im Studium nicht. Normalerwe­ise geht man danach an die Musikschul­e und unterricht­et. Aber im Moment geben wir so viele Konzerte mit der Band, dass ich gar nicht die Zeit zum Unterricht­en hätte. Macht es Sie wütend, dass die Blockflöte als Kinderinst­rument abgetan wird? REISIGE Nein, woher sollen die Leute denn wissen, dass es anders ist? Mit „Wildes Holz“spielen wir in den Konzerten auch mit diesem Klischee. Wir stellen uns auf die Bühne und spielen keine Kinderlied­er, sondern Jazz, Rock und Pop mit Gitarre, Kontrabass und Blockflöte. Dass das geht, damit kann man die Leute noch richtig überrasche­n. Die haben dann oft einen richtigen AhaEffekt, und wo hat man den heutzutage noch? Da ist das Klischee fast ein Vorteil. Wir haben einen ExotenBonu­s. Sie spielen Michael Jackson, Kraftwerk oder The Police auf der Blockflöte. Gibt es einen Song, der immer gut ankommt? REISIGE „Highway To Hell“von AC/DC. Das kennen die Zwölfjähri­gen und die 60-Jährigen. Das haben die gut gemacht von AC/DC. Das auf die Blockflöte zu übertragen, ist gar nicht so schwer, aber wir bringen es, glaube ich, sehr druckvoll rüber. „Highway To Hell“auf der Blockflöte. Bei allem Respekt, aber da muss man schon lachen. REISIGE Auf jeden Fall! Der Humor darf ja auch immer dabei sein. Trotzdem feiern die Leute es ab, wenn wir das als Zugabe bringen. Sie fordern „Freiheit für die Blockflöte!“Das klingt auch sehr lustig, aber sie meinen das ernst, oder? REISIGE Ja natürlich. Aber man muss dabei ja nicht verbissen sein. Wir machen auch Blockflöte­n-Witze im Konzert. Erzählen Sie mal. REISIGE Ein Klassiker ist: Was ist schlimmer als ’ne Blockflöte? Was denn? REISIGE Zwei Blockflöte­n.

KLAS LIBUDA FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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FOTO: HARALD HOFFMANN Tobias Reisige (Mitte) mit Anto Karaula (l.) und Markus Conrads von der Band Wildes Holz.

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