Der Doppelpass in Zeiten der Eskalation
Populisten wissen: Wer pöbelt, provoziert und Grenzen überschreitet, entfacht Stimmungen und kann damit Stimmen sammeln. Dass die Erdogan-Regierung alle Register zieht und den Konflikt selbst mit Nato-Partnern will, zeigt nur, wie knapp es um das Referendum bestellt ist. Jeder NS-Vorwurf wegen vereitelter TürkeiAuftritte weist eigentlich auf die ausgesetzten Rechte im eigenen Land hin. Dass so viele Türkischstämmige in den Niederlanden und in Deutschland das nicht sehen, sondern auf Knopfdruck den Protest auf die Straße tragen, macht Solidarität der Demokraten umso dringender. Unabhängig davon, wie das Vorgehen der Rutte-Regierung zu bewerten ist, muss daher die deutsche Kritik an den türkischen „Faschismus“Vorwürfen deutlicher ausfallen.
Zudem verweist die jüngste Eskalation auf Grundentscheidungen zur Integration. Wenn immer mehr Unionspolitiker den Doppelpass in Frage stellen, ist das mehr als ein Augenblicks-Reflex. Und so sollte das weitere Vorgehen auch aus mehr bestehen als „Finger weg“oder „Weg damit“. Nötig ist eine ideologiefreie Bestandsaufnahme: Hat der Doppelpass das gebracht, was man sich erhoffte? Wenn nicht, werden neue Überlegungen zur Pflicht. BERICHT WAHLKAMPFSTREIT MIT ANKARA ESKALIERT, TITELSEITE
Skandal-Baustelle BLB
Der landeseigene Baubetrieb (BLB) hat dem Steuerzahler offenbar ein neues Millionengrab beschert: Das Polizeipräsidium Düsseldorf, für dessen Um- und Erweiterungsbau dem BLB knapp 93 Millionen Euro bewilligt wurden, wird wohl 56 Millionen Euro teurer. Wieder eine Großbaustelle, die der BLB nicht im Griff hat. Aber die eigentliche Baustelle ist der BLB selbst.
Warum die Landesregierung sich die Skandal-Serie des BLB gefallen lässt, ist schleierhaft. Zumal es eine Blaupause für die Lösung des Problems gibt: Auch das landeseigene Immobilienunternehmen LEG mit seinen damals knapp 100.000 Wohnungen belastete das Land jahrelang mit eklatantem Missmanagement und kriminellen Machenschaften – genau wie der BLB. Bis die schwarz-gelbe Landesregierung das Unternehmen 2008 privatisierte. Heute sind die LEG-Mieter zufriedener als damals, die LEG ist an der Börse notiert, und die Aktionäre freuen sich über satte Gewinne. Das Land ist nun mal kein guter Unternehmer. Offensichtlich kann die Privatwirtschaft mit Immobilien besser umgehen. BERICHT POLIZEIPRÄSIDIUM DÜSSELDORF . . ., TITELSEITE
Sicherheit geht vor
Wenn an einem verkaufsstarken Samstag ein großes Einkaufszentrum auf Anordnung der Sicherheitsbehörden komplett geschlossen bleibt, muss schon ein schwerwiegender Grund vorliegen. Die ernstzunehmende Warnung vor einem Anschlag wie am Wochenende in Essen ist fraglos ein solcher Grund.
Allerdings mag verwirren, dass die Behörden konsequent handelten und keine Menschen auf die Shoppingmeile ließen, während der zuständige NRW-Innenminister sagt, es lägen keine Hinweise dafür vor „dass mit Umsetzung oder Vorbereitungen“des angedrohten Anschlags begonnen wurde.
Wie passt beides zusammen? Das wird der Minister noch näher erläutern müssen. Aber im Zweifelsfall kann man gar nicht vorsichtig genug sein. Ein Dank daher für die Wachsamkeit der Sicherheitsdienste, den Einsatz der Polizeibeamten und das Verständnis der Ladenbesitzer. Man mag sich gar nicht vorstellen, dass sich ein fanatischer Selbstmord-Attentäter in einem gut besuchten Kaufhaus unter die friedliche Menschenschar mischen könnte. BERICHT