Rheinische Post Mettmann

Neuland der Romantik

- VON PATRICK STARBATTY

Pianist David Fray mit Chopin, Schumann und Brahms zu Gast in der Tonhalle.

Er machte früh Furore mit Klavierwer­ken von Johann Sebastian Bach und setzte seine Erfolge fort mit Mozart und Schubert. Dass der aus Südfrankre­ich stammende Pianist David Fray jetzt mit Chopin konzertier­t und auch kürzlich erstmalig eine CD mit Stücken des polnischfr­anzösische­n Romantiker­s aufgenomme­n hat, erweckt den Eindruck einer langsamen Zeitreise – vom frühen 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhunder­ts. In der Tonhalle spielte Fray nun neben Chopin die letzte Novelette Robert Schumanns und die Klavier-Fantasien op. 116 von Johannes Brahms.

So klar und plastisch man Fray in der Vergangenh­eit mit Mozart und delikat mit Schubert erleben konnte, so rätselhaft nüchtern geraten unter seinen Händen nun drei Noc- turnes sowie eine Mazurka, das Impromptu Ges-Dur und die Polonaise-Fantasie As-Dur von Chopin. Der 35-jährige Sohn einer französisc­hen Deutschleh­rerin und eines HegelForsc­hers bewegt sich in der Romantik behutsam und vorsichtig wie auf unbekannte­m Terrain. Chopin-Nocturnes spielt er gradlinig wie Bach-Präludien, sauber und penibel, aber nur wenig freizügig und emotional. Es sind mehr Abendgebet­e als nächtliche Ausschweif­ungen und klingen ein bisschen so, als verlese ein deutscher Kaplan einen Liebesbrie­f von George Sand.

Für pianistisc­he Laszivität steht der französisc­he Musiker nicht unbedingt, doch trotz der strengen Tempi wirkt sein Spiel hoch sensibel. Fray verfügt über einen edlen, samtigen Anschlag und ein feines Piano. Und virtuosen Stellen in der Fantasie-Polonaise ist der Pianist ohnehin vollkommen gewachsen. Technische Schwierigk­eiten scheint er nicht zu kennen.

Schumann und Brahms gab es erst nach der Pause, und dieser zweite Konzerttei­l überzeugte weit mehr. Die Polyphonie in der Novelette op. 21 Nr. 8 fis-Moll befand sich bei dem Bach-Spezialist­en Fray in besten Händen, wenn auch hier der leidenscha­ftliche Charakter nur schwach zum Vorschein kam. Umso markanter klangen die Brahms-Stücke, vor allem das rasante Capriccio d-Moll, und das sanfte Intermezzo E-Dur wurde wiederum zum innigsten lyrischen Moment.

Für den begeistert­en Beifall gab es vier Zugaben, darunter Bachs Choralvors­piel „Nun komm’ der Heiden Heiland“in der Bearbeitun­g durch Ferruccio Busoni und die beiden letzten Stücke aus Schumanns „Kinderszen­en“.

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