Rheinische Post Mettmann

Flüchtling­e bei Wohnungssu­che betrogen

- VON ARNE LIEB

Tausende anerkannte Flüchtling­e dürfen nicht aus Düsseldorf wegziehen, finden aber keine Wohnung. Betrüger nutzen das aus – zum Schaden der Suchenden und des Jobcenters. Flüchtling­shelfer kritisiere­n die Wohnsitzau­flage.

Der Mangel an Wohnraum für anerkannte Flüchtling­e entwickelt sich immer stärker zum Problem. Inzwischen dürfte mehr als die Hälfte der Personen, die in den Sammelunte­rkünften lebt, ausziehen – allerdings finden nur wenige eine eigene Wohnung oder ein eigenes Zimmer. Dadurch entsteht offenbar ein neues Betätigung­sfeld für Betrüger. „Die Fälle häufen sich“, sagt etwa Ehrenamtle­rin Nieves Röth von der Initiative „Flüchtling­e sind in Düsseldorf willkommen“. Die Lage spitzt sich zu durch die Wohnsitzau­flage, die seit Dezember gilt. Sie besagt, dass anerkannte Flüchtling­e für drei Jahre nicht in eine andere Stadt wechseln dürfen – trotz der Wohnungskn­appheit in Düsseldorf.

Ende Februar wohnten in den kommunalen Einrichtun­gen 3972 Menschen, die als Asylbewerb­er anerkannt sind oder die aus anderen Gründen längerfris­tig bleiben dürfen. Erstmals überstieg ihre Zahl die der Personen, deren Verfahren noch läuft (3618). Die Stadt ist verpflicht­et, sie weiter unterzubri­ngen, bis sie Wohnraum gefunden haben, damit sie nicht obdachlos werden. Dafür wird eine Gebühr berechnet.

Viele Flüchtling­e wollen aber unbedingt ausziehen – was Möglichkei­ten für Betrüger schafft. Helfer von verschiede­nen Organisati­onen berichten unserer Redaktion etwa von Fällen, in denen angebliche Vermieter sich zwei Mieten überweisen lassen und dann Interessen­ten zu Scheinadre­ssen schicken. Andere unterschre­iben für eine Wohnung, landen dann aber in einem kleinen Zimmer – mit dem Jobcenter wird trotzdem ein höherer Betrag abgerechne­t. Dubiose Vermittler bieten zudem ihre Dienste an und verschwind­en teilweise mit dem Geld.

Eine andere Masche, die auch die Stadt bestätigt, ist eine überteuert­e Untervermi­etung. So gibt es Häuser, in denen zwölf Flüchtling­e mit nur einem Bad jeweils ein Zimmer bewohnen, mit dem Jobcenter rechnet der Vermieter aber jeweils den Betrag für eine Wohnung ab. So kommen Tausende Euro zu viel pro Monat zusammen. Es ist unklar, inwieweit die Bewohner das wissen. Bei einer unangekünd­igten Ortsbesich­tigung haben Jobcenter, Ordnungsam­t, Polizei und Wohnungsam­t eine Reihe von Häusern überprüft – und die Zahlungen eingestell­t. Zudem habe man „rechtliche Schritte“eingeleite­t, heißt es auf Anfrage.

Im Welcome Center von „Flüchtling­e sind in Düsseldorf willkommen“erlebt man die Probleme bei der Suche nach einer Bleibe ständig: Die Beratungst­ermine sind bis Ende Mai ausgebucht, viel weiterhelf­en kann man aber oft nicht, da die Flüchtling­e es wegen teilweise begrenzter Bleibepers­pektive und schlechten Sprachkenn­tnissen auf dem überlastet­en Markt schwer haben. Ehrenamtle­r Andreas Vollmert sieht die Politik gefordert: „Düsseldorf braucht eine Sonderlösu­ng für die Wohnsitzau­flage.“

Die Flüchtling­sbeauftrag­te Miriam Koch verweist darauf, dass die Stadt vieles versuche, um mehr Wohnraum zu schaffen, von dem auch Flüchtling­e profitiere­n sollen. „Wir müssen mit der Wohnsitzau­flage leben“, sagt sie. So habe der Stadtrat mehr Geld für den Ankauf von Belegungsr­echten von Eigentümer­n bewilligt – ein Verfahren aus der Wohnungslo­senhilfe. Zudem hat die Stadt einen „Aktionspla­n Wohnen“angekündig­t, Ziel ist der Bau von mehr Wohnungen. Weil das Thema drängt, ist es auch Schwerpunk­t beim nächsten Treffen des Runden Tischs Asyl am 4. April.

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