Rheinische Post Mettmann

Atomkraft-Gegner sind weiter aktiv

- VON LARS MADER

Unter dem Eindruck der dreifachen Kernschmel­ze von Fukushima fand sich vor sechs Jahren die Initiative „Atomstromf­reies Erkrath“zusammen – und die Mahnwachen werden fortgesetz­t.

ERKRATH Damals saßen die Initiatore­n im Freundeskr­eis zusammen und sprachen über die schockiere­nden Nachrichte­n aus Japan. Zunächst kam ihnen der Gedanke, sich in der nahen Landeshaup­tstadt an den Solidaritä­tskundgebu­ngen für die japanische­n Betroffene­n zu beteiligen. Bis das Gespräch auf die eigene Energiever­sorgung und die hiesigen Stadtwerke kam.

Man beschloss, vor Ort in Erkrath die Lehren aus dem bitteren Atomunfall zu ziehen. Über einige Monate hielt die Gruppe jeden Montagaben­d Mahnwachen auf dem Hochdahler Markt ab. Parallel wurde ein Bürgerantr­ag in den Stadtrat eingebrach­t, mit dem erklärten Ziel, die Stadtwerke atomstromf­rei zu bekommen.

Noch im Sommer des gleichen Jahres wurde der Antrag angenommen und heute sind die Stadtwerke atomstromf­rei. Peer Weber bewegt das Thema Kernkraft schon lange – Ende der Neunziger Jahre etwa veranstalt­ete er ein Benefizkon­zert zugunsten von Tschernoby­l-Opfern in der Heilig-Geist-Kirche. Als Sprecher der Initiative erklärt er, warum weiterhin jährlich am 11. März, dem Jahrestag des nuklearen Unfalls in Fukushima, zur Hochdahler Mahnwache aufrufen wird: „Es ist tatsächlic­h so, dass diese andauernde Katastroph­e in der allgemeine­n Wahrnehmun­g nicht mehr vorhanden ist.“

In diesem Jahr haben sich etwa 25 Bürger versammelt und die zahlreiche­n Passanten an die offenen Energiefra­gen erinnert. Eine sehr positive Resonanz habe es gegeben, berichtet Weber von der Demostunde: „Eine deutliche Mehrheit will keine Atomkraft.“

Die betroffene­n Gebiete in Japan sind noch vergleichs­weise dünn besiedelt gewesen. Einige der deutschen AKWs stehen direkt in Ballungsge­bieten, eine Gefahr, die derzeit von den Diskussion­en über die belgischen Altreaktor­en überdeckt wird. Hinzu kommt die relative Nähe hunderter weiterer Reaktor- blöcke in den weiteren europäisch­en Ländern. Für Weber ist es kaum erklärbar, wie es dazu kommen konnte: „All die Argumente für die Atomkraft, was Sicherheit und Kosten betrifft, lösen sich in Luft auf und kehren sich ins Gegenteil um.“Weder die Milliarden Euro zur Finanzieru­ng, noch die technische­n Möglichkei­ten für den Rückbau und die Lagerung des Atomerbes sind gegeben. Im Deutschen Bundestag stellte Umweltmini­sterin Barbara Hendricks in dieser Woche den Nutzen von 60 Jahren Atomzeital­ter den Folgen für 30.000 Generation­en gegenüber.

Die Erkrather Initiative organisier­t sich weiter als loser Zusammensc­hluss von etwa zehn Aktiven und mit einem gewachsene­n EMail-Verteiler von Unterstütz­ern. Wenn auch nicht so stürmisch schnell etabliert wie der Bürgerantr­ag, so war doch auch der Bau des Bürgersola­rkraftwerk­es auf der Trillser Sechsecksc­hule ein Erfolg. „Das war ein unglaublic­h zäher Pro- zess, der auch politisch behindert worden ist,“sagt Weber. Nach zwei Jahren des Ringens mit vielen Entscheidu­ngsträgern in Erkrath läuft dort seit 2015 die von einer Wuppertale­r Energiegen­ossenschaf­t betriebene Stromerzeu­gung. Zirka 60 Prozent davon wird direkt in der Schule verbraucht. An einem Minimodell können die Schüler ihre Anlage kennenlern­en und ein Display informiert die Anwohner über die aktuelle Leistung.

Trotz der mühevollen Erfahrunge­n bleibt die Initiative auf der Suche nach weiteren mindestens 200 Quadratmet­er großen und möglichst unverschat­teten Dächern in der Stadt, auf denen Folgeproje­kte entstehen könnten. Kontakt: E-Mail an die Adresse atomstromf­reies-erkrath@t-online.de.

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FOTO: PRIVAT Die Erkrather Initiative ist ein loser Zusammensc­hluss. Mit einem Bürgerantr­ag hat sie einst atomstromf­reie Stadtwerke für Erkrath durchgeset­zt.

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