Schwarz-Gelb braucht eine Leitidee
Die Erinnerungen an Schwarz-Gelb sind verblasst, in keinem Bundesland regieren Union und FDP. Das letzte Bündnis im Bund war geprägt von Misstrauen, Chaos und der Steuersenkungs-Ideologie der Liberalen. Der frühere FDP-Chef Guido Westerwelle rief 2010 eine „geistig-politische“Wende aus, das Volk wandte sich ab. 2011 gab er sein Amt auf, Nachfolger Philipp Rösler führte die Partei aus dem Bundestag.
Christian Lindner hat die Scherben zusammengekehrt, die Partei reanimiert, thematisch verbreitert, das bleibt sein Verdienst. Die Gefahr einer überzogenen Politik ist in seiner Partei indes nicht gebannt.
Was soll die Leitidee für Schwarz-Gelb sein? Diese Frage müssen die Partner klären. Eine Entfesselungskoalition für die Wirtschaft ist zu wenig. Das Ruhrgebiet braucht Wandel und Jobs, die Schulpolitik eine Kernsanierung, der ländliche Raum Anbindung. Bezahlbare Mieten sind ein Problem der Mittelschicht, die ökologische Wende ist ein Projekt für Christen. Das Land sicherer machen, ohne individuelle Rechte zu schleifen. Dazu das Mega-Thema Integration. Es ist ein gewaltiges Programm für eine Regierung mit einer Stimme Mehrheit. Sorgfalt und Seriosität müssen die Koalitionsverhandlungen prägen. BERICHT REGIERUNG SOLL BIS SOMMER STEHEN, TITELSEITE
SPD verweigert sich
Mit ihrem Beschluss, eine große Koalition in NRW auszuschließen, hat die SPD demokratische Gepflogenheiten grob verletzt. Sich einer Regierungsbildung mit anderen Demokraten zu verweigern, ist auch ein merkwürdiges Verständnis des Wählerwillens.
Auf Bundesebene treibt die Absage an eine große Koalition in NRW beide Volksparteien in einen Lagerwahlkampf, von dem sich die SPD Auftrieb verspricht. Diese rein taktische Erwägung dürfte den Sozialdemokraten auf die Füße fallen. Wenn die SPD das Signal setzt, dass sie nicht mehr als Juniorpartner in ein Bündnis der Mitte einsteigt, steuert sie auf Linksbündnis oder Opposition zu. Das wird die Sozialdemokraten die Stimmen des linksliberalen Bürgertums kosten. Die SPD in NRW hätte mindestens die Chancen ausloten müssen, wie viele ihrer politischen Ideen sie in einer großen Koalition hätte umsetzen können. Wenn sich die SPD danach gegen Koalitionsverhandlungen entscheidet, ist das zu akzeptieren. Sich nach einer Wahl keiner Verantwortung zu stellen, ist erbärmlich. BERICHT
Trump als Risiko
Hillary Clinton, so lautete einer der schärfsten Vorwürfe, den der Präsidentschaftskandidat Donald Trump im Wahlkampf gegen seine demokratische Kontrahentin ins Feld führte, wäre im Weißen Haus ein Sicherheitsrisiko. Der sorglose Umgang Clintons mit ihren E-Mails in ihrer Zeit als Außenministerin galt auch den Republikanern als Beleg dafür, dass sie ungeeignet sei, das Land zu führen. Nun hat Trump klargemacht, wer das wahre Sicherheitsrisiko ist: Gegenüber dem russischen Außenminister plauderte der Präsident Informationen der höchsten Geheimhaltungsstufe aus. Peinlich.
Es ist nicht das erste Mal, dass Trump aus dem Nähkästchen des Staatsapparats plaudert, um zu prahlen. Wer würde noch kategorisch ausschließen wollen, dass Trump im Überschwang seiner eigenen Bedeutung die Einsatzcodes für die Atomwaffen preisgibt? Allmählich greift das Entsetzen über diesen Präsidenten auch unter den Republikanern um sich. Aber bisher kleben die meisten von ihnen an der Macht und wagen keine offene Kritik. Ein Schweigen, das irgendwann mitschuldig macht. BERICHT