Schleierfahndung auf dem Prüfstand
Die Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofes zur anlasslosen Polizeikontrolle im grenznahen Bereich (Schleierfahndung) hat das Zeug, zum Aufreger über weltfremde Entscheidungen zu werden. Als dürfe ein souveräner Staat nicht mehr kontrollieren, wer da über seine Grenzen kommt!
Tatsächlich hat Deutschland mit dem die Binnengrenzkontrollen einkassierenden Vertrag von Schengen ein Stück Souveränität abgegeben. Das war, wie wir heute wissen, voreilig. Erst hätte die Kontrolle der Außengrenzen sichergestellt sein müssen. Das wird seit anderthalb Jahren mühevoll nachgeholt.
Doch hat wenigstens in 13 Bundesländern die Schleierfahndung die Grenzkontrollen abgelöst. Über Ländergrenzen aktive Verbrecher sollen damit rechnen müssen, auf den einschlägigen Routen doch der Polizei ins Netz zu gehen. Das hat das Gericht nicht demontiert. Es verlangte lediglich Regelungen, wonach bei der Schleierfahndung weder so intensiv noch so häufig oder selektiv überprüft wird, dass die Kontrollen der Vor-Schengen-Zeit durch die Hintertüre zurückkommen. Ein Amtsrichter in Kehl muss die Erlasslage beurteilen. Sollten Vorgaben fehlen, muss eben nachgebessert werden. BERICHT EUGH SCHRÄNKT GRENZKONTROLLEN EIN, TITELSEITE
Es ist eine wunderbare Idee, sich von Helmut Kohl mit einer europäischen Trauerfeier zu verabschieden. Diese Zeremonie, die eigens für den Kanzler der Einheit und den großen Europäer Kohl, erfunden wurde, wird seiner Lebensleistung gerecht. Zumal es nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, ja weltweit, das Bedürfnis gibt, ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Dennoch liegen Schatten auf seinem Abschied. Die Debatte um den ausbleibenden nationalen Staatsakt und das Bild vom Sohn, der keinen Einlass ins Haus seines Vaters bekommt, trüben das Gedenken. Sie zeigen, dass der Politiker, der selbst so viel Frieden und Vereinigung gestiftet hat, mit Unversöhnlichkeit gegenüber vielen Menschen aus dem Leben geschieden ist. Das ist bedauerlich, aber eben auch Teil der Geschichte Kohl.
Es bleibt zu hoffen, dass sich für Kohls Nachlass, der zu großen Teilen in seinem Privathaus lagert, eine angemessene Lösung wie eine Stiftung findet. Sein politisches Wirken sollte mit verschiedenen Sichtweisen aufgearbeitet werden können. BERICHT
EZwiespältiger Abschied
Erste Bewährungsprobe
ine Revolution hatte Emmanuel Macron versprochen. Neue Köpfe, neue Verhaltensweisen. Deshalb wählten die Franzosen den 39Jährigen in den Elysée. Doch schon nach fünf Wochen wird der Staatschef von der Realität eingeholt. Drei seiner Minister sind, in Affären verstrickt, zurückgetreten, ein Vierter musste in die Nationalversammlung wechseln. Viel Schmutz für einen Präsidenten, der als Saubermann angetreten war.
Die Rücktritte sind Macrons erste Bewährungsprobe im Amt. Aber sie haben auch eine gute Seite: Sie zeigen, dass sich das Bewusstsein geändert hat. Selbstbedienungsmentalität wird ab sofort bestraft. Damit sendet der Präsident ein Signal an die Franzosen: „Botschaft verstanden“. Umfragen hatten ihm bereits einen Vertrauensverlust signalisiert. Nun stellt er sich neu auf und zeigt mit der Regierungsumbildung, dass er dem Auftrag der Wähler treu geblieben ist: die Politik in Frankreich zu erneuern. Die Aufgabe erweist sich als schwieriger als erwartet. Aber Macron muss sie auch nicht in den ersten fünf Wochen erfüllen. Er hat fünf Jahre Zeit dafür. BERICHT ZWEI WEITERE MINISTER IN FRANKREICH . . ., TITELSEITE