Zweiter Frühling für die Union
CDU und CSU ist die radikale Kehrtwende in ihrem vor einem Jahr noch komplett zerrütteten Verhältnis gelungen. Bei der Präsentation des Wahlprogramms führten sich die Parteichefs Merkel und Seehofer auf, als erlebten sie gerade ihren zweiten Frühling. Das Signal, das für Volk und Medien von diesem Auftritt ausgehen sollte: Seht her, wir streiten nicht mehr über die Vergangenheit, sondern planen die Zukunft.
Was die Union für die kommenden Jahre bis 2021 aufgeschrieben hat, überrascht nicht. Beuteschema bleiben an erster Stelle Familien, insbesondere junge, die Mittelschicht und Gutverdiener, Unternehmer und Menschen mit hohem Sicherheitsbedürfnis. Bei Steuerentlastungen und Kindergeld, bei der Einwanderung und in der Arbeitsmarktpolitik bleibt das Programm dann aber doch so hinreichend vage, dass es für Koalitionen aller Art Spielraum gibt.
In das Programm ist viel Laptop und Lederhose eingeflossen – also der bayerische Ansatz, ökonomisch auf Moderne zu setzen und dabei traditionell zu sein. Damit spricht die Union ihre traditionelle Wählerschaft an. Auch die anderen Parteien haben mit ihren Programmen ihre ureigenen Profile geschärft. Wir werden also einen Wahlkampf erleben, in dem die Parteien kenntlich sind.
Bei den wirklich ehrgeizigen Zielen zeigt die Union allerdings wenig Mut. Für die Abschaffung des Soli gibt es kein Datum. Die Vollbeschäftigung ist ein Ziel für 2025, und wann die tatsächliche Angleichung des Kinderfreibetrags auf das Niveau der Erwachsenen kommt, lässt das Programm auch offen. Nachdem die große Koalition in dieser Wahlperiode mit ihren Renten-Reformen erhebliche Zusatzkosten für die jüngere Generation verursacht hat, hätte die Union auch ein paar mehr Ausführungen zur Rente der Zukunft machen müssen.
Dass in diesem Wahlkampf ein „Sie kennen mich“nicht ausreichen wird, um die Union an die 40 Prozent-Marke zu führen, ist der Union schon seit Monaten klar. Während 2013 gegen einen von Anfang an taumelnden SPD-Herausforderer und eine zutiefst verunsicherte SPD alles auf Merkel hinauslief, sind die Sozialdemokraten 2017 besser aufgestellt. Das nun vorliegende Wahlprogramm der Union – auch wenn es an einigen Stellen unbestimmt bleibt – ist eine gute Grundlage, in den Wettstreit mit den Sozialdemokraten einzutreten, den diese längst eröffnet haben. Die Raute allein reicht zwar nicht mehr für einen Wahlsieg, dennoch ist Merkel wieder das Zugpferd für die Union im Wahlkampf. Das erklärt die neue Höflichkeit des CSU-Chefs. Abgerechnet wird dann wieder nach dem 24. September. BERICHT CDU UND CSU VERSPRECHEN . . ., TITELSEITE
Pinkwarts Pläne
Der neue Wirtschaftsminister hat große Pläne: NRW soll digitaler Vorreiter werden. Andreas Pinkwart will dazu das Rheinland zum digitalen Zentrum ausbauen. Das ist gut so. Schon jetzt haben die meisten NRW-Start-ups an Rhein und Ruhr ihren Sitz – und nicht im Sauerland oder im Oberbergischen. Es ist wichtig, diese Stärken zu stärken, um international mithalten zu können.
Und doch wird sich nicht im Rheinland entscheiden, ob die Digitalpolitik der neuen Landesregierung ein Erfolg wird – sondern im Sauerland und im Oberbergischen. Das Flächenland NRW muss auch in der Breite digitalisiert werden, in den ländlichen Regionen, wo die Mittelständler sitzen, die für Arbeitsplätze und Wohlstand gesorgt haben. Das weiß auch Pinkwart. Auch das ist gut. Alles, was diesem Ziel hilft, muss daher fortgesetzt werden; alles, was ihm darüber hinaus dienen kann, auf den Weg gebracht werden. Denn NRW besteht nicht nur aus der ABCDRegion, wie Pinkwart Aachen, Bonn, Cologne und Düsseldorf nennt, sondern auch aus E wie Emmerich, F wie Fröndenberg und G wie Grevenbroich. BERICHT „SILICON VALLEY IM RHEINLAND“, TITELSEITE