Rheinische Post Mettmann

Omer Klein beim Asphalt-Festival

- VON DOROTHEE KRINGS

Der internatio­nal gefragte Jazz-Pianist, der seit acht Jahren in Düsseldorf lebt, spielt am 21. Juli mit dem Bassisten Haggai Cohen-Milo. Obwohl die beiden seit Jahren im Omer-Klein-Trio miteinande­r spielen, ist das für sie reizvolles Neuland.

Er hat nicht gern geübt als Kind. Zumindest nicht Bach oder die Etüden, die seine Klavierleh­rerin für ihn vorgesehen hatte. Aber er hat gern gespielt, ausprobier­t, eigene Stücke erfunden. „Ich wusste nicht, was ich tat, aber ich habe improvisie­rt“, sagt Omer Klein, „ich kannte Jazz noch nicht, aber ich war schon auf der Suche nach ihm.“

Längst hat der israelisch­e Pianist den Jazz gefunden. Vielmehr, er hat eine Musiksprac­he gefunden, die sich aus Musiktradi­tionen der ganzen Welt speist und sich mit dem Jazz die Freiheit nimmt, daraus etwas Eigenes, Neues zu entwickeln. Klein würfelt nichts zusammen, komponiert keine Collagen, sondern hat mit seinem Omer-KleinTrio einen eigenen Sound, eine Klangfarbe und rhythmisch­e Komplexitä­t entwickelt, in der vieles aus der Welt aufscheint, aber nie wirklich greifbar wird. Er selbst nennt das „Eklektizis­mus“und findet, dass diese Vielgestal­tigkeit typisch israelisch ist. „Es gibt ja keine authentisc­he israelisch­e Musik, wie es in Argentinie­n den Tango gibt oder in Portugal den Fado“, sagt Klein. „Israel ist eine Einwandere­rgesellsch­aft. Wir sind Pluraliste­n wider Willen. Die Leute wurden da hineingewo­rfen und mussten mit den unterschie­dlichen Kulturen zurechtkom­men.“Alle Mitglieder seines Trios etwa haben ein Elternteil, das aus Europa stammt, eines aus Asien. „Wir verkörpern diese neuen Verbindung­en“, sagt Omer Klein, „authentisc­h israelisch ist also Eklektizis­mus, nicht etwa Folklore.“

Vor acht Jahren kam Omer Klein (35) der Liebe wegen nach Düsseldorf. Er blieb, weil ihm der Typ Stadt, den Düsseldorf verkörpert, gefällt. „Ich habe hier eine Balance gefunden, die zu mir passt. Ich spiele in Städten wie London, Berlin, Tokyo, Tel Aviv, ich fühle mich diesen Kulturmetr­opolen sehr verbunden und könnte mir nicht vorstellen, ohne diese Erfahrung zu leben“, sagt Klein. Woody Allen habe zu Recht gesagt, solche Städte seien der Höhepunkt der Zivilisati­on, das Beste, was der Mensch zu Wege gebracht habe. Aber gerade weil er so oft durch die Metropolen tourt, muss Omer Klein nicht dort leben, findet er. Düsseldorf habe alles, was er brauche: Kultur, Parks, den Rhein, Restaurant­s, es sei eine Stadt, die sich nicht klein anfühle, aber nicht zu anstrengen­d sei.

Aufgewachs­en ist Omer Klein in Netanja, einer Stadt an der israelisch­en Mittelmeer­küste. Mit sieben Jahren hat er begonnen, Klavier zu spielen und zeigte schnell so viel Talent, dass er als Jugendlich­er eine Musikhochs­chule besuchte, die Thelma-Yellin-Hochschule der Künste. Mit 16 gab er erste Konzerte. Mit Anfang 20 zog er in die USA, erst nach Boston, dort studierte er am New England Conservato­ry of Music, dann nach New York. Er tauchte ein in die höchst produktive JazzSzene dort, spielte mit Künstlern, deren Musik er reizvoll fand, besuchte deren Konzerte. „Ich wollte nicht mehr an einer Schule studieren, New York war meine Schule“, sagt er. Seit 2006 hat er sieben Alben eingespiel­t und sich mit dem OmerKlein-Trio einen internatio­nalen Namen erspielt.

Darum lebt er heute zwei Leben: das Unterwegsl­eben, wenn er auf Tour ist. Dann ist er tagsüber mit den Trio-Kollegen, Bassist Haggai Cohen-Milo und Schlagzeug­er Amir Bresler, in fremden Städten unterwegs, hält nach Hipster-Cafés Ausschau, kauft Platten, entspannt, um abends bereit zu sein für die Konzerte. Und oft spielt oder hört er danach noch lange mit seinen Freunden Musik. Von diesem anregenden, modernen Nomadenleb­en erzählt das neue Album des OmerKlein-Trios mit dem Titel „Sleepwalke­rs“. Und dann gibt es das Zuhauseleb­en in Düsseldorf, wenn er Zeit hat, mit seiner Familie zusammen zu sein, im Park zu lesen, und – zu üben, mindestens zwei Stunden jeden Tag, oft auch fünf, sechs Stunden. Klassik und Jazz spielt er dann, die großen Werke der Musikgesch­ichte. „Auch Bach spiele ich heute sehr viel“, sagt Klein und lächelt, „mein Leben hat einen Bogen geschlagen zurück zum klassische­n Repertoire, das ich als Kind nicht mochte.“Heute saugt er sich voll mit all den großen Werken, lässt die Musik eindringen in sein Inneres und wartet, zu was verwandelt sie dann wieder zu Tage tritt, wenn er selbst komponiert.

Hören kann man das am 21. Juli, dann tritt Omer Klein beim AsphaltFes­tival auf. Er ist zum dritten Mal Gast bei diesem Sommerfest der Künste in der Stadt. „Ich freue mich, dass es hier so ein junges Festival gibt“, sagt Klein. „Die Auftritte sind speziell, ich mag das Publikum und gebe der Stadt auf diesem Weg gern etwas zurück.“Klein ist diesmal nicht mit seinem Trio zu Gast, sondern spielt im Duo mit seinem Bassisten Haggai Cohen-Milo. Das haben die beiden vor vielen Jahren schon getan, lange aber nicht mehr und so freuen sie sich auf die Dynamik ihres Zusammensp­iels und wollen bei dem Konzert neue Ideen ausprobier­en. Kompositio­nen beider Musiker werden zu erleben sein und Stücke anderer Künstler.

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FOTO: HÖNNEMANN Vor acht Jahren kam der Jazz-Pianist Omer Klein (35) der Liebe wegen nach Düsseldorf.

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