Neustart für Sven Bender
Der 28-Jährige erhofft sich von seinem Wechsel von Dortmund nach Leverkusen vor allem eins: Spielzeit.
LEVERKUSEN Zwillingswitze sind für Sven Bender nichts Neues. Die in den vergangenen Tagen vermutlich obligatorische Eisbrecherfrage, welcher von beiden Benders er denn nun sei, kontert der 15-MillionenEuro-Zugang von Bayer 04 Leverkusen bei einer Journalistenrunde schlagfertig: „Wie jetzt? Ich dachte, ihr wolltet mich?“Die Lacher hat der 28-Jährige damit auf seiner Seite.
Die Verpflichtung des designierten Abwehrchefs der Werkself elektrisiert Umfeld und Fans: Die Bender-Zwillinge spielen wieder für eine Mannschaft. Das war zuletzt vor acht Jahren bei 1860 München in der zweiten Bundesliga der Fall. Nun will Sven einen Neustart wagen, auch wenn der Wechsel vom BVB nach Leverkusen sportlich gesehen ein Rückschritt ist. Dortmund ist Pokalsieger, hat sich zur Nummer zwei im deutschen Fußball gemausert und spielt auch nächste Saison in der Champions League. Leverkusen hingegen hat die schlechteste Saison seit 14 Jahren hinter sich, rettete sich erst kurz vor dem Saisonende vor der Relegation und wird internationalen Fußball in der kommenden Spielzeit nur vor dem Fernseher erleben.
Sven Bender bemüht ein fußballromantisches Bild, um den Schritt ins vergleichsweise beschauliche Le- verkusen zu erklären. „Mir war schon als kleiner Junge nur eins wichtig: auf dem Platz zu stehen und das zu machen, was ich immer geliebt habe.“In Dortmund, wo die sportliche Leitung Bender eigentlich halten wollte, hätte er wohl nur sporadisch gespielt – zu wenig für den Charakterspieler. Unzufrieden sei er in Dortmund aber trotzdem nicht gewesen, betont der 28-Jährige. „Ich weiß, was ich an dem Verein hatte.“Mit seinen Einsatzzeiten haderte er dennoch. Also habe er sich bewusst für den Neustart entschieden. Mit seinem Bruder Lars, Kapitän der Werkself, habe der Entschluss indes nichts zu tun. Dass sie wieder für ein Team spielen, sei ein „schöner Nebeneffekt“.
Die Funktion, die Sven Bender in Leverkusen ausfüllen soll, ist klar definiert. Er soll der Abwehr als Innenverteidiger Stabilität verleihen und die Rolle übernehmen, die der zum BVB abgewanderte Ömer Toprak ausfüllte: Abwehrchef. „Das ist der Plan“, betont Bender. Darüber hinaus soll er das hochveranlagte, aber unerfahrene Team führen. „Das ist, was ich will und was ich kann“, sagt der von Dortmunder Fans zuletzt oft als „Fuß Gottes“betitelte Defensivspezialist.
Den Beinamen erhielt er nach seiner irrwitzigen Rettungsaktion im Halbfinale des DFB-Pokals gegen Bayern München, als er einen Schuss von Arjen Robben mit der Fußspitze artistisch an den Pfosten lenkte. Mit Dortmund feierte er zudem zwei Meisterschaften, zwei Pokalsiege und erlebte das deutschdeutsche Champions-League-Finale 2013, das gegen München 1:2 verloren ging. Aber er war auch beim Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus des BVB im April dabei. „Danach war mir viel bewusster, was im Leben wichtig ist und dass ich dankbar sein muss, wie gut es mir geht“, sagt Bender demütig. „Ich hoffe, dass diese Besinnung noch lange anhält.“Vergessen könne man solche Ereignisse ohnehin nicht.
Dass es mit Leverkusen gut passen könnte, sei ihm schnell klar geworden. Andere Angebote hätten ihn nicht interessiert. Nun will er den Malus des verletzungsanfälligen Profis loswerden, der auch seinem Bruder anhaftet. „Ich bin topfit und will so oft wie möglich auf dem Platz stehen.“Die nächste Gelegenheit dazu hat er bereits morgen. Um 18.30 Uhr spielt Bayer 04 beim Regionalligisten Bonner SC. Die Frage, ob er dann zum ersten Mal im Bayer-Trikot auflaufen werde, beantwortet er ebenso souverän grinsend wie bei den Zwillingswitzen: „Ich hoffe es mal.“