Derby mit neuen Vorzeichen
Köln kommt als Europapokal-Klub, Mönchengladbach muss sich erst wieder qualifizieren.
MÖNCHENGLADBACH Matthias Ginter ist zwar noch nicht lange in Mönchengladbach, doch er weiß um das Wesentliche. Denn er hat als Angestellter von Borussia Dortmund reichlich Derby-Erfahrung gesammelt, da hieß der Rivale natürlich nicht 1. FC Köln, sondern Schalke 04. Doch das Drumherum, das Gefühl, das kennt Ginter. Die Atmosphäre, die Rivalität, die Brisanz und auch die Konsequenzen einer Derby-Niederlage für die Fans: Frotzeleien im Büro, das Feixen der anderen bis zum nächsten Derby – „das wollen wir unseren Fans ersparen“, sagt Ginter.
Der neue Mann hat natürlich auch schon mitbekommen, dass dieses Derby unter anderen Vorzeichen stattfindet als lange Jahre zuvor. Da waren die Borussen vor den Kölnern, nun war es umgekehrt. Trainer Peter Stöger hat ein kompaktes, schwer zu bespielendes Gefüge konstruiert, Manager Jörg Schmadtke hat den „Karnevalsverein“gezähmt – und so schafften es die Kölner nach 25 Jahren wieder ins internationale Geschäft, während die Borussen leer ausgingen. Da half auch der Derby-Sieg in der Rückrunde nichts, den Ginters ConfedCup-Mitgewinner Lars Stindl mit seinem 3:2-Siegtor möglich machte, eher schon profitierte Köln vom 2:1 im ersten Spiel in Gladbach.
Wie auch immer: Köln kommt als stolzer Europa-League-Teilnehmer, in der nächsten Woche ist die Auslosung der Gruppenphase. Da werden die Gladbacher dann noch mal schniefen, wenn die Konkurrenz nette Reisen machen darf. Im nächsten Jahr indes soll es wieder anders werden, dann sollen die Machtverhältnisse am Rhein wieder umgeschichtet werden. Während Christoph Kramer eher kurzfristig denkt („Wir wollen nach dem Spiel wieder vor Köln stehen“), schaut Ginter mehr aufs große Ganze: „Wir wollen wieder dorthin, wo Köln jetzt ist, ins internationale Geschäft. Insofern haben wir etwas gutzumachen“, sagte der neue Abwehrchef.
Allein die Derby-Punkte indes werden nicht ausreichen, um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen, „es gibt danach noch 33 andere Spiele“, merkte Trainer Dieter Hecking an. „Aber gerade für unsere Fans wäre es wichtig, das Derby zu gewinnen, weiß Ginter. Es ist das 87. Ligaduell der Traditionsklubs vom Rhein.
Sein Trainer hat neuerdings in Stürmer Raúl Bobadilla, der soeben vom FC Augsburg nach Gladbach zurückgeholt wurde, eine neue, andere Alternative, die womöglich schon morgen ein Teil des DerbyKaders sein könnte. Wenn es so ist, wäre es nicht mal eine völlig absurde Idee, dass der Rückkehrer das Derby entscheidet, es wäre eine ty- pische Fußball-Geschichte. Und schließlich hat Bobadilla vor langer Zeit schon mal ein großes Derby gespielt mit zwei Toren und einer Vorlage, da gab es ein 4:0 in Köln. Doch welche Rolle Bobadilla wirklich spielen wird, „sehen wir am Sonntag“, wie Hecking riet.
Ginter indes wird sicher zur Startelf gehören. Bemüht man seine persönliche Köln-Bilanz, ist ein Unentschieden am wahrscheinlichsten, drei seiner fünf Spiele blieben ohne Gewinner. Ginter kennt aber diverse Gründe, die nahelegen, dass es sich lohnt, das Auftaktspiel zu gewinnen. „Dann kann es uns einen Schub geben. Und ich finde, wir haben kein leichtes Auftaktprogramm mit den Spielen in Augsburg, Leipzig und Dortmund. Es wäre daher schon wichtig, die Heimspiele zu gewinnen“, sagte er.
Im Derby Selbstvertrauen holen, etwas klarstellen, ein Polster ansammeln – die Borussen haben viel vor morgen Abend. Die Kölner jedoch werden mit ähnlichen Vorgaben anreisen. Sie hätten nichts dagegen, wenn die veränderten Vorzeichen auch im nächsten Nachbarschaftstreffen Bestand hätten. Letztlich jedoch dürften dann doch beide auf sich selbst schauen, ganz so, wie es Max Eberl tut. „Wir wollen uns in dieser Saison verbessern. Dafür müssen wir mehrere Vereine hinter uns lassen. Wer das ist, ist mir egal“, sagte Borussias Manager.