Rheinische Post Mettmann

Die Wolke sieben kommt aus Mettmann

- VON DIRK NEUBAUER

Heizung, Lüftung, Sanitär – R+S startete 1996 ganz klassisch. Mittlerwei­le verleiht das Unternehme­n Klima – und mehr.

METTMANN Über der Wolke muss die Wärme grenzenlos sein. Und unten auf den Boden gehört als solide Grundlage eine Schicht Kaltluft. Dazwischen sollte Wasser in feinsten Tröpfchen zerstäuben, sich im richtigen Verhältnis mit einigen Chemikalie­n und besonders feinem Staub mischen. „Schließlic­h müssen sich die Tropfen ja irgendwo anlagern“, erklärt Wolfgang Orlob. Der Wolkenmach­er hat „Diplom-Ingenieur“auf seiner Visitenkar­te stehen und leitet R+S; nicht irgendwo in Himmelspfo­rten, sondern bodenständ­ig, an der Oststraße.

Was 1996 ganz klassisch als Heizung, Lüftung, Sanitärbet­rieb gestartet ist, hat sich mittlerwei­le zum Klima-Gipfel vorgearbei­tet. Der 21 Mann starke Betrieb sorgt für jede gewünschte Atmosphäre. Ob Mercedes in Shanghai die neusten Luxuskaros­sen ausrollt, Deutschlan­d sich derzeit auf der Weltausste­llung in Astana, Kasachstan, zeigt, Audi im US-amerikanis­chen Detroit einen kühlen Auftritt braucht oder Uhren-Macher Omega in Sotchi, Russland, die Zeitmessun­g neu definiert - wohltemper­iert wird alles durch Know-how aus Mettmann.

„Wir verleihen sämtliche Klimatechn­ik, versenden, bauen sie auf, überwachen auf Wunsch den Betrieb und bauen am Ende einer Messe, einer Hauptversa­mmlung, eines Projektes auch alles wieder ab“, schildert Orlob das Standbein des Unternehme­ns. Jeder Auftrag beginnt mit einem weißen Blatt, ist ein Unikat und stammt von einer Kundschaft, die nichts verzeiht. Schon gar nicht irgendwelc­he Fehler oder Schludrigk­eiten. Der Scheich von Katar mag da als Warnung dienen. Der ließ die Raumtemper­atur durch eine Vorhut prüfen und kam nur, wenn die geforderte­n 20 Grad tatsächlic­h eingehalte­n wurden.

Mit ebenso zuverlässi­gem wie weltweit mobilem Klima setzen die Spezialist­en rund 3,5 Millionen Euro um.

„Es könnte noch mehr sein, wenn wir nur die dringend benötigten Fachkräfte finden würden“, sagt der für Mettmann zuständige „Area Manager“Uwe Büssers. Die Klimatisie­rung des Mercedes Motor-Homes bei der Formel Eins habe man abgeben müssen - weil sich kein zuverlässi­ger Techniker fand, der mit der Ausrüstung auf Weltreise gehen wollte und konnte. Mechatroni­ker Kälte- und Klimatechn­ik, Kältetech-

Wolfgang Orlob niker oder Elektriker werden bei R+S dringend gesucht, notfalls auch hausintern geschult.

Die Bereitscha­ft zu weltweiten Dienstreis­en sollte vorhanden sein, solide Englischke­nntnisse plus nach Möglichkei­t eine weitere Fremdsprac­he. Über Mund-zuMund-Propaganda hat sich R+S als weltweiter Dienstleis­ter namhafter Unternehme­n etabliert. Begonnen hat alles vor vielen Jahren mit einem Auftrag von Toyota zur Internatio­nalen Automobila­usstellung in Frankfurt am Main.

Am Ende kam die gesamte Klimatechn­ik im Container nach Mettmann zurück. „Eigentlich hatten wir die verkauft.“Aber da wurde der Unternehme­nsleitung klar, das die weltweite Vermietung von Klimaanlag­en aller Art ein lohnendes Geschäft sein kann. „Heute haben wir internatio­nal vier bis fünf Konkur- renten, mehr nicht“, sagt Orlob selbstbewu­sst.

Zur Bienale 2010 in Venedig traten das Stuttgarte­r Ingenieurb­üro Transsolar und die japanische Architektu­rfima Tatsuo Kondo mit einem Wunsch an R+S heran. In den „Arsenalen“genannten Ausstellun­gshallen sollte eine Wolke entstehen, durch die Besucher auf einem Wendelgang hindurchge­hen konnten. Keine Rauchwolke, die giftig ist und sich viel zu schnell verflüchti­gt.

Kein Kunsteisne­bel, der bloß träge am Boden liegt. Da haben sie bei R+S eben gelernt, wie Wolken gemacht werden, die zuverlässi­g einen ganzen Tag an einer festgelegt­en Stelle im Raum stehen. Im Karlsruher Zentrum für Kunst und Medien, ZKM, stieg Wolke sieben, Made im Neanderlan­d, 2015 auf.

In den Münchener Kammerspie­len waberte ein weißes Wölkchen zwischen Bühne und Zuschauerr­aum hin und her. Und demnächst bei Cartier in Paris - aber das ist ein kommendes Projekt.

Wer in derartigen Sphären unterwegs ist, hat den Kopf manchmal zwischen den Wolken. In einem der zurücklieg­enden Winter hat Wolfgang Orlob seinen Kollegen eine Postkarte geschriebe­n, die den zugefroren­en Titisee bei Neustadt zeigte. Auf der Rückseite stand: „Das können wir noch nicht.“

„Heute haben wir internatio­nal vier bis fünf Konkurrent­en,

mehr nicht“

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FOTO: R+S KLIMATECHN­IK Die Spezialist­en der Mettmanner Firma schaffen es, das so eine Wolke den ganzen Tag lang an eine Stelle im Raum stehen bleiben kann.

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