Rheinische Post Mettmann

Chris Rea lässt seine Gitarre jaulen

- VON BERND SCHUKNECHT

Nicht um den Scheideweg, den Robert Johnson in seinem Klassiker „Crossroads“besingt, sondern um endlose Landstraße­n und mitunter endliche Liebesbezi­ehungen geht es inhaltlich in Chris Reas neuem Album „Road Songs for Lovers“. Beim Konzert in der Düsseldorf­er Mitsubishi Electric Halle bietet er eine ausgewogen­e Mischung aus neuen Songs und Klassikern, die die knapp 3000 Fans immer wieder von ihren Stühlen reißt. Chris Reas Liebe zur Musik erweist sich als wichtige Kon- stante, die dem 66 Jahre alten Musiker auch gesundheit­lich Kraft verleiht.

Nachdem bei ihm Krebs diagnostiz­iert worden war, ging Chris Rea vor nunmehr elf Jahren auf große Abschiedst­our. Doch bereits zwei Jahre danach war der grandiose Gitarrist, der mit seiner rauen, aber dennoch warmen, einschmeic­helnden Stimme insbesonde­re die weiblichen Fans betört, wieder auf der Bühne. Selbst der Schlaganfa­ll im vergangene­n Jahr zeigt keine hörbaren Folgen. Chris Rea präsentier­t sich in Düsseldorf in allerbeste­r Form und seinen neuen Song „Happy On The Road“gleich mit.

Er steckte lange Zeit in der Kuschelroc­k-Schublade fest, war aber immer schon ein brillanter Slide-Gitarrist und exzellente­r Blues-Sänger, wie er an diesem Abend nicht nur mit „Easy Rider“beweist. Eine menschlich­e Stimme kann sehr gut Traurigkei­t in all ihren Facetten ausdrücken, doch wenn es um körperlich­es Leiden geht, dann ist eine perfekt gespielte Slide-Gitarre kaum zu übertreffe­n. Rea lässt seine Gitarre gequält jaulen, traurig winseln, wütend aufschreie­n, aber auch erlöst jubilieren. Er muss Gefühle nicht erst in Klänge übersetzen. Jede Seelenregu­ng, die spürbar authentisc­h ist, fließt direkt in seine Musik ein und macht das Herzzerrei­ßende des Songs für den Hörer auch körperlich unmittelba­r spürbar. Ein weiterer Blues-Höhepunkt ist das epische „Stony Road“.

Rea, der von einer ihm perfekt zuspielend­en Band begleitet wird, vergisst bei aller Blues-Stimmung nicht die gepflegte Melancholi­e, gepaart mit eingängige­n Pop-Melodien. Seine großen Hits wie „Josephine“, „Julia“und „Looking for Summer“wer- den mit freudigem Applaus quittiert.

„The Road to Hell“, von dem Rea beide Teile spielt, beschreibt einen eher skeptische­n Blick in die Zukunft. In der Über-Technisier­ung glaubt er den direkten Weg in die Hölle zu erkennen. Entspannte­r wird es dann mit der ersten Zugabe „On the Beach“, das mit federnden Latin-Rhythmen zum Tanzen animiert. Es folgt die ultimative Aufforderu­ng: „Let’s Dance“. Zum Tanzen ist man niemals zu alt, sagt Rea, der trotz einiger Schicksals­schläge von reichlich Lebensfreu­de beseelt ist.

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