Keine Integration ohne Fordern und Fördern
Ist es ein gutes Zeichen oder ein schlechtes Zeichen, dass sich die Parteien CDU, CSU, Grüne und FDP am intensivsten über den Familiennachzug streiten? Es gibt größere Herausforderungen. Sicher: Niemand weiß, wie viele wirklich nachkommen würden. Von 60.000 bis 300.000 lauten die Schätzungen. Aber: Eine CDU-Kanzlerin, deren Partei die christliche Soziallehre als Gründungsidee verinnerlicht hat, sollte nicht die harte Linie bei Bürgerkriegsflüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus auspacken.
Wenn man der Meinung ist, dass so viele Flüchtlinge nicht nach Deutschland hätten kommen sollen, hätte man früher Maßnahmen ergreifen müssen. Jetzt sind die Menschen da. Und sie müssen integriert werden. Dazu gehört das Fordern, das Erlernen der deutschen Sprache, die Anerkennung von Recht und Staat, das Engagement für einen Arbeitsplatz. Aber eben auch das Fördern. Die Möglichkeit, die engsten Familienangehörigen bei sich zu haben. Nur so gelingt das Ankommen. Man kann nicht die Familie in den Mittelpunkt der Politik stellen, aber Nicht-Deutschen, die hierbleiben dürfen, ihre Familie verweigern. Gerade Christdemokraten sollten das wissen. BERICHT JAMAIKA AM SEIDENEN FADEN, TITELSEITE
Kontrolle versagt
Die Post ist offenbar Opfer eines großangelegten Betrugs geworden. 50 bis 100 Millionen Euro Schaden sind dem Unternehmen nach Branchenschätzungen entstanden, weil Betrüger mit fingierten Briefen Kasse machen konnten.
Dass es allerdings so weit kommen konnte, muss sich die Post in Teilen selbst zuschreiben. Natürlich ist es ein aussichtsloses Unterfangen und auch völlig unwirtschaftlich, jede einzelne Sendung zu untersuchen. Allerdings profitierten die Täter wohl von einem Umstand, der sich sehr wohl abstellen lässt: Wie die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“berichtete, nutzten sie die dünne Personaldecke an den Samstagen aus, um der Post die fiktiven Briefe unterzujubeln. Die ansonsten üblichen Stichproben fanden nicht statt.
Der Konzern muss nun die richtigen Schlüsse aus der Affäre ziehen und ein Kontrollsystem aufbauen, das diesen Namen auch verdient. Auch wenn das am Ende höhere Personalkosten nach sich ziehen dürfte, ist es angesichts des nun aufgedeckten Schadens die günstigere Alternative. BERICHT VERDACHT AUF MILLIONENBETRUG BEI POST, TITELSEITE
Gabriel, der Amateur
Der Libanon ist ein Pulverfass. Das kleine Land, in dem die vom Iran hochgerüstete schiitische Hisbollah-Miliz einen Staat im Staate bildet, droht im erbitterten Kampf um die regionale Vormacht zwischen dem Iran und SaudiArabien zum nächsten Schlachtfeld zu werden. Gleichzeitig halten viele Beobachter den nächsten Krieg zwischen Israel und der Hisbollah nur noch für eine Frage der Zeit. Europa kann das alles nicht gleichgültig sein: Hunderttausende syrische Bürgerkriegsflüchtlinge haben im Libanon Unterschlupf gefunden – versinkt das Land nun seinerseits in der Gewalt, ist die nächste Fluchtwelle programmiert.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat mit seiner Einladung an den libanesischen Premier Hariri zur Entspannung beigetragen. Er weiß, dass Krisendiplomatie bedeutet, mit allen Seiten reden zu können und niemanden sein Gesicht verlieren zu lassen. Sigmar Gabriel, Bundesaußenminister auf Abruf, hat dagegen mit einer törichten Polterei einen diplomatischen Eklat provoziert. Wie es aussieht, sitzen die Profis in Paris, die Amateure in Berlin. BERICHT